Filmszenen I Der Anwalt und sein Gast. Kommentar: Katja und Karmann.

Bildquelle und Bildrechte: ZDF/Hager Moss Film

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Warum schützt Katja Karmann?


Katja ist unglücklich. Sie kann sich nicht selbst helfen. Statt dessen identifiziert sie sich mit den hilfsbedürftigen Seiten Karmanns und hilft projektiv ihm.


Warum ist Katja unglücklich?

Die unterdrückte Kreativität

Sie ist ein Mensch, dem bildnerisch-kreative Kraft gegeben ist. Diese Kraft unterdrückt sie, um sich ihren zweiten großen Wunsch ans Leben zu erfüllen: Heimat und Geschichte zu haben durch eine eigene Familie.

Für jeden künstlerisch begabten Menschen, wie es auch Katja ist, ist der Selbstausdruck durch kreatives Arbeiten kein „nettes Hobby“, kein „nice to have“ sondern unausweichlich existenziell bedeutsam.

Sie glaubt, der Preis des Traumes „Familie“ ist, ihre künstlerische Arbeit einstellen zu müssen.

Sie erlaubt ihrer kreativen Kraft keine Äußerung.


Damit würgt sie sich selbst, würgt sich selbst die Luft zum Atmen ab. (Juliette: das Malatelier im Alten Bootshaus:“…ein Platz zum Atmen….“)


Karmann ermutigt sie, ihrer kreativen Kraft wieder Raum zu geben. Er hebt quasi ihr Selbstverbot auf. Das bindet Katja seelisch an Karmann.


Die eigene Historie


Katja ist Adoptivkind. Ihr fehlt ein Stück eigene Historie. Karmann sagt, er ist auch Adoptivkind. Das schafft Identifikation. Sie kann annehmen, glauben, dass Karmann Verständnis für das Lebensgefühl eines Menschen hat, der Adoptivkind ist.


Das bindet sie sehr stark an Karmann.


Verletztsein


Katja fühlt sich verletzt. Ihre gesunde Ganzheit als Mensch hat Schaden genommen.

Katja wollte mehrere Kinder und weiß seit kurzem, dass sie zukünftig unfruchtbar ist.

Das ist eine Verletzung ihrer leiblichen und seelischen Ganzheit.


Auch Karmann ist verletzt. Katja versorgt Karmanns Wunden. Sie kann ihre eigene (seelisch-körperliche) Wunde nicht versorgen, deshalb versorgt sie projektiv Karmann. Sie braucht dieses Versorgen als projektiven Trost. Sie braucht Karmann.


Schuldzuschreibung


Jeder Mensch betreibt Ursachenforschung für sein Unglücklich-Sein.

Katja hat ihre künstlerische Arbeit aufgegeben, um eine größere Familie zu gründen.

Katja hat ihre Kreativität zurückgestellt, weil da ein Mann war, der sie fragte, ob sie mit ihm zusammen das Modell Frau und Familie aufbauen möchte.


Es war Christian, der sie das gefragt hat.


Jetzt ist sie unfruchtbar, das Modell „große Familie als Heimat und eigene Geschichtsverortung“ geplatzt und ihre Malerinnenkarriere ist unterbrochen, sie sitzt in der Familienfalle.

Unbewußt muss sie einen Schuldigen für ihre verfahrene Situation suchen:


es kann nur ihr Partner sein.


Auf sein Bitten hin ist sie diesen Weg gegangen. („…dass es ein Ist und ein Wäre gibt…“ „… und ich hoffe, dass ich mich nicht zu oft dorthin zurückträumen muss…“.)


Unbewußt nährt sie Aggressionen gegen ihren Mann.


Aggressionen dürfen nicht sein, er liebt sie aufrichtig, er hat seinen Teil getan: Haus, Kind, Geld, lebenswerte Umgebung, Treue, zehn Jahre lang. Sie kann ihm offiziell nichts vorwerfen.


Unterdrückte Aggressionen kippen meist um in Angstzustände oder Depression.

Sie ist depressiv geworden und bekämpft die Symptome mit Psychopharmaka.


Unterbewußt weiß sie jedoch, dass nur ein Ausbruch aus der Familiensituation sie heilen könnte.

Sie ist im Zielkonflikt erstarrt.


Karmann bringt die verklemmte Situation in Bewegung.


Er stört für sie die Harmonie zu ihrem Mann, die sie selbst nicht stören darf, da sie kein Argument dafür hat.

Sie würde sich schuldig machen Christian gegenüber.


Karmann muss diese Arbeit für sie übernehmen, er muss der Keil sein, der die verfahrene Situation auseinanderbricht.

Katja braucht Karmann.


Unschuldig schuldig.


Das ist das Hochdramatische, Schicksalhafte der Situation: Christian ist unschuldig schuldig. Einfach dadurch, dass er da ist, ein Mann ist, sie liebt.


Jedes körperliche Zusammensein mit ihrem Ehegatten ist für sie zur Erinnerung und Anklage geworden: die Intimität bedeutet, dass ihr Zweck, Leben zu zeugen, keine Erfüllung findet: keine Kinder, weil ihr Körper versagt.


Es gibt keine Lösung, die von Christian angestoßen werden könnte. Vertreibt er Katjas Trost, Karmann, wird sie ihn hassen und es wird ebenfalls nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie ihn verlässt.


Die Situation hat die unausweichliche Härte einer Wand, der Wand, die Christians Schmerz in der Schlußszene entgegennehmen wird.


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— – – das Thema fruchtbare / unfruchtbare Frau im Zusammenhang mit Kinderwunsch
wird in zwei Projekten Thematisiert:

Der Anwalt und sein Gast mit negativem Ausgang und in Single sucht Nachwuchs
mit überraschend positivem Ausgang (Zwillinge).

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