Filmszenen I „…Du bist hinreissend “ in: Der Anwalt und sein Gast. Teil 6a. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ). 2002 – 2003

„…Du bist hinreissend “ in: Der Anwalt und sein Gast. Teil 6a. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ). Regie: Thorsten C. Fischer, Buch: Jörg von Schleebrügge 2002 – 2003

Bildquelle und Bildrechte: ZDF/Hager Moss Film

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„…du bist hinreißend…“

Christian Weller hatte versucht, Juliette Roland, die Hospitantin, die den Eindringling Karmann ebenfalls für einen potenziellen Mehrfachmörder hält, zu Hause telefonisch zu erreichen. Vergeblich – es war immer besetzt.


Christian hat plötzlich siedendheiss die Befürchtung, Karmann könnte Juliette etwas angetan haben – alarmiert fährt er zu Juliettes Wohnung.

Er betritt das Haus, sucht auf dem Postkastenbrett ihren Namen.


Das Kastenbrett ist unüberschaubar groß, -zig Namen: Auch Juliette wohnt in einem Vielparteien – Appartmenthaus, sieben Stockwerke a sechs Parteien.

Er findet nach kurzem Suchen ihren Namen auf einem Kasten der Reihe des ersten Stocks und eilt die Treppen hoch.


Oben. Wohnungstür aus Holz, Antivandalen-Metallzarge. Die Kamera steht in der – leeren – gegenüberliegenden Wohnung, deren Tür offen ist.

Christian klingelt – Er atmet noch hörbar vom schnellen Laufen.


Nichts rührt sich. Er klingelt noch einmal.


Juliette öffnet – endlich.


Sie hat keinen Besuch erwartet.


Sie ist im Schlafanzug, einem blau karierten Männerschlafanzug, der ihr viel zu groß ist. Ihr Haar hat sie bequem hochgesteckt, lässig unfrisiert.

Christian sagt kein Wort, sieht sofort an ihr vorbei forschend in die Wohnung und drängt sich augenblicklich – an Juliette vorbei – ins Wohnungsinnere.

Juliette sieht ihm ärgerlich hinterher. Sein Benehmen ist für sie unverständlich und deshalb unhöflich.


Schnitt.


Wir sehen das Telefon auf dem kleinen Schränkchen in der Halbquadratmeter-Diele. Der Hörer ist daneben abgelegt. Mit einer schnellen Bewegung legt er den Hörer zurück auf die Gabel.


Er wartet. Sie schließt die Wohnungstür, dreht sich zu ihm um, kommt näher.


Er wirft ihr einen intensiv fragenden Blick zu, sie versteht, antwortet:


Ich wollt´ meine Ruhe haben.


Sie geht an ihm vorbei, in die Küche.


Es ist ein beengt kleines längliches Winzküchlein.


Ein großes Doppelfenster mit quadratischen Fensterflügeln verhindert akute Platzangst und ermöglicht den Blick nach draussen, auf einen kahlen Baum und die Straße, auf der ab und zu ein Auto verbeifährt.


Dicht am Fensterbrett angestellt ein klitzekleines Halbtischchen für Winzküchen.


Darauf eine unglasierte Teekanne, Modell Studentenwohnheim, ein Glas und eine fast leergetrunkene Weißweinflasche.


Sie steht davor, dreht sich nach Christian um, als er langsam die drei Schritte aus der Diele näher kommt.


Hinter ihm an der Wand ein Posterchen „Home“ steht darauf. (Na, gut´ Nacht!)


Christians Blick klickt unruhig herum, er lauscht, er ist sich immer noch nicht sicher, ob sie allein ist. Immer noch vermutet er Karmann in der Wohnung.


Schnitt.


Christian braucht einen Gesprächsanfang. Er sieht die Weinflasche, nimmt sie in die Hand, liest das Etikett:

Ein leiser Pfiff seinerseits, ironisch bewundernd, als wäre der Wein ein sensationeller Qualitätsjahrgang. Er stellt die Flasche zurück auf das Winztischlein.


Bei meinem Praktikantinnengehalt – da wird man wählerisch.


sagt sie, während sie ein zweites Glas heranbringt. Wir hören das Einschenken weniger Schlucke und dann das Anstoßen zweier Gläser.

Christian ist immer noch ein wenig unruhig. Er führt das Aldi-Senf-Pressglas mit einer unbewußt stilvoll eleganten Geste zum Mund, nimmt einen Höflichkeitsschluck.


Leise Musik im Hintergrund, ruhige Melodie, Soloinstrument.


Hast Du Angst gehabt um mich?

fragt sie.

Schnitt.


Very Close Up auf Christian. Er steht direkt vor Juliette, so nah, dass, wäre es kalt im Zimmer, sie die Wärme seines Körpers spüren könnte.

Ihre Worte erreichen ihn.


Er blickt sie aus tiefdunklen, quellklaren Augen ruhig an. Als er über ihre Frage nachdenkt, zeigt eine winziges Abirren des Blicks und das Öffnen seines Mundes eine zweite Emotion, eine Art Besorgnis.

Er atmet ein, öffnet den Mund. Es vergeht noch der Bruchteil einer Sekunde, bevor er antwortet.

Seine Augen flackern ein wenig in dem Moment, in dem er sich erlaubt, die Wahrheit zu sagen.

Sein Blick ist wach, auch sanft traurig, als er ihr leise, kaum hörbar, antwortet


…auch…..


Er dürfte diese Frage gar nicht beantworten, aber er tut es doch.

Zuerst ist da nur Christian Weller, und dann ist da auch einfach ein Mensch, der einen anderen Menschen in sich einlässt,

der einem anderen gestattet, in sein Innerstes hinabzusteigen, aus der Quelle zu schöpfen, die sein Ich, sein Fühlen und Wollen nährt.

Wir sehen durch seine Augen auf ihren zarten Nacken.


Jetzt dreht sie sich zu ihm hin, leuchtet ihn an.


In diesem Moment ist auf einmal alles anders.

Es sieht aus, als wäre zwischen ihnen so etwas wie Starkstrom angeschaltet, ein breiter Energiestrom vom Scheitel bis zum Herzen, der eine Bahn, eine stark energetische Bahn zwischen beiden belebt.

Christian bewegt sich wie in Zeitlupe ein wenig näher zu ihr hin, – und so, wie wir bei starker seelischer Bewegung plötzlich den Mund ein wenig öffnen müssen, geschieht es auch ihm.


Schnitt auf Juliette. Sie spiegelt seine Bewegung, öffnet ebenfalls den Mund ein wenig. ….

Sie bricht den Blickkontakt für einen Augenblick und sagt.


…und jetzt wär´ ich froh, wenn Du gehst…

….Ich hab´nämlich mal gehört, dass…


Die Energiebahn hat Christian näher an sie herangetragen, herangezogen, sie können gegenseitig ihren Atem spüren.

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2002- 2003 Heino Ferch – Christian Weller, Marie Zielcke – Juliette Roland

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