Filmszenen I „…Du bist hinreissend “ in: Der Anwalt und sein Gast. Teil 6b. Porträt Christian Weller (Heino Ferch). 2002 – 2003

„…Du bist hinreissend “ in: Der Anwalt und sein Gast. Teil 6b. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ). Regie: Thorsten C. Fischer. Buch: Jörg von Schleebrügge 2002 – 2003

Bildquelle und Bildrechte: ZDF/Hager Moss Film

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…es überhaupt keinen Sinn hat, sich….

…..in einen Mann zu verlieben……


Die Distanz ist Null. Ihre Lippen liegen aufeinander, es sieht aus wie ein Horchen, ein Lauschen und Geben, das über ihre Lippen stattfindet.

Beide bewegen sich kaum, sehen sich in die Augen. Zwei Körper, ein Energiefeld.


Es geschieht fast nichts. Zeit vergeht. Wir sehen jetzt auch Juliettes Schultern, der Stoff des Schlafanzuges gibt sie langsam frei.


Der Schritt aus der Normalwelt heraus in dieses Sich Nur Noch Fühlen ist getan. Der Tenor des Kusses springt um, wird heftig, stark bewegt, energievoll, wollend.


Auf einmal, mittendrin, weicht Juliette zurück, sieht ihn an und schüttelt kaum wahrnehmbar den Kopf. Sie schließt den Mund.


Wir sehen, wie eine Art Sehnsucht, ein Erstaunen, ihn erfasst, wir spüren mit ihm den tief ziehenden Wunsch, es solle weiter gehen – er versucht, sich zu fassen.


Sie bedeckt ihre Schultern, sieht ihm dabei ununterbrochen intensiv in die Augen. Noch immer ist da ein sehnsuchtsvoll-trauriger und atemlos wartender Zug in ihm.


Es ist vorüber. Sie will nicht.


Close up auf Juliette. Christian ist um so vieles größer als sie, dass wir, auf ihrer Augenhöhe, nur seine Schulter sehen können.


Sie legt ihm seinen Schal um, sieht in dabei an.


Dann bricht sie ab, blickt weg. Zupft ein bisschen traurig verloren an seiner Kleidung, schaut auf den Stoff, weil sie wegsehen muss, – bevor sie ihm deutlich entschlossen wieder in die Augen blickt.


Er macht langsam einen Schritt rückwärts. Er weicht zurück.

Sagt gar nichts. Sein Gesicht, sein Ausdruck, spricht für ihn, seine fassungslosen Augen sagen alles:


Warum tust Du das, warum stößt Du mich zurück?

Warum stößt Du mich weg?

Warum? es tut weh, es tut mir so weh.

Du tust mir weh.


sagt dieser Blick.


Sie sieht das, ist stark involviert, ihr Blick antwortet etwas, wie


Bitte versteh doch….


Plötzlich schließt er die Tore zu seinem Herzen. Wir hören geradezu einen dumpfen Knall, als die schweren Eisentüren ins Schloss fallen. Er dreht sich weg.


Seinen Gesichtsausdruck verschluckt der Halbschatten. Jetzt steht er mit dem Rücken zu ihr, zu uns, wir sehen ihn im verlorenen Profil.


Auch wir dürfen ihm nicht mehr ins Herz sehen.


Schnitt auf Juliette.


Da steht die tapfere junge Frau. Sie hat richtig entschieden. Es tut weh. Es tut besonders weh, wenn man feinfühlig ist, so wie sie.


Es tut so weh, dass sie weinen muss. Der Schmerz verzerrt ihr Gesicht, bis sie, in die wachsende Spannung hinein, endlich sagt.


Sag´ Du doch auch mal was….


Christians dreht sich ein wenig, sein Gesicht bleibt verschattet, anonym, es bleibt Seins, was seine Gefühle jetzt in sein Gesicht zeichnen.


Schnitt auf Juliette.


Sie sieht fragend aus, wir fühlen mit ihr den Kloß in ihrem Hals, die Tränen, die hochdrängen wollen. Dann hören wir aus dem Off seine Stimme.

Er kann kaum sprechen.


Die Stimme ist rau, behaucht, flüstert fast.


Sie flüstert die Zauberformel.


Die schönsten Worte.


Die Wahrheit:


Du bist hinreissend.


Schnitt auf den Mann im grauen Mantel, der da fast gänzlich abgewendet im Halbdunkel steht. Er wartet noch eine Sekunde, in der nächsten sehen wir ihn nicht mehr, er ist hinaus gegangen.


Unser letzter Blick trifft Juliette. Sie hält sich, bis wir das Geräusch der sich schließenden Wohnungstür hören.


Als er draussen ist, bricht ihre Fassung zusammen.


Ende der Szene

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.. und der Schluss dieses Intermezzos?


Die Geschichte hat das übliche Ende. Die beiden sehen sich noch einmal in dem Restaurant am See. Dieses Mal ist es ganz leer, sie sind allein. Christians Ehesituation ist inzwischen eskaliert. Katja hat ihren Gatten aus dem gemeinsamen Haus geworfen.


Im Restaurant ist Christian Weller seelisch nicht mehr anwesend, er ist nur körperlich hier, aus Höflichkeit, innerlich ist er schon weit weg.

Juliette ist klar, dass das ihr letztes Treffen ist und sie sagt:


„Ich wollt´ Dir noch was sagen zu der Nacht, die wir…

..… nicht – miteinander verbracht haben.


…mir ist, als hätten wir…… So sehr hab´ ich Dich gespürt.


Ich hab´ das erste Mal das Gefühl, wirklich zu verstehen, was es heißt, an einer Weggabelung zu stehen.


Dass jede Richtung, für die wir uns entscheiden, bedeutet, daß wir eine andere nicht gehen werden. Daß es ein Ist und ein Wäre gibt.


…und ich hoff´, daß ich mich nicht zu oft dahin zurückträumen muss.

Leb wohl sagt sie.


Schon während sie aufsteht, kann sie ihre Tränen nicht mehr beherrschen.

Er merkt nichts. Er kann ihr nicht einmal mehr hinterher sehen.


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2002- 2003 Heino Ferch – Christian Weller, Marie Zielcke – Juliette Roland, Götz George – Frank Karmann, Claudia Michelsen- Katja Weller.

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Zur Darstellung: meisterhaft millimetergenau choreogaphiert, traumhaftes Timing der Beiden, toll.

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