Filmszenen I Potpourri: Szenen – Figuren – Blicke Teil 3 (alle Figuren: Heino Ferch)

Filmszenen I Potpourri: Szenen – Figuren – Blicke Teil 3 (alle Figuren: Heino Ferch)

Szenen – Figuren – Blicke

Harry Melchior ( in: Der Tunnel – Schlußszene )

Amerikanische auf Harrys Oberkörper.

Er steht, gezwungen vom niedrigen Plafond, vorgebeugt, atmet heftig.

Er pumpt mit offenem Mund vor Anstrengung, ist schweissnass, sein Gesicht noch gezeichnet von gestreßter Angst, überwach, schwarze alarmierte Augen, er tänzelt unruhig am Platz, wie jemand, der in der nächsten 100stel Sekunde wieder losstarten wird.

Als er merkt, dass das Schild seine Zauberwirkung tut, – die DDR-Leute dürfen Flüchtlinge nur bis auf den Zentimeter exakt zur Grenzlinie verfolgen – erhellt immer mehr ein triumphierendes Lächeln sein Gesicht.

Das Lächeln wird ein zähnezeigendes Siegerlachen, er stößt verächtlich Luft aus – hebt mit sarkastisch-ironischer Geste die Hand an das imaginäre Mützenschild zum militärischen Gruss und – dreht sich weg.

Geschafft.

Die Flucht aller zweiunddreissig Personen ist gelungen.

Vercingetorix (in: Julius Caesar)

Close up auf Vercingetorix.

Sein Blick ist völlig klar, gerade, ein winziger Hauch einer Bitte, eines Flehens, liegt darin, die Lippen ein Spalt geöffnet, wie eine Atemlosigkeit.

Gesicht und Bart starren vor Schmutz, die Haare fettig und wirr, eine Kreatur, ein wilder Barbar. – nur diese Augen sind anders:

zwei glasklare, blanke, edelsteinhaft schöne

Fenster zu einer hellwachen Menschenseele.

Nick Leonard (in: Zwei Männer Zwei Frauen..)

Close up auf Nicks Gesicht.

….viel……… viel Arbeit…….

sagt er leise .

Sein Gesicht hat sich angenehm verändert. Die Spannung um die Augen ist verschwunden. Seine Mundwinkel sind zwei freundliche kleine Akzente. Die Augen mit den weitoffenen Pupillen wirken wie ruhige dunkle Räume – belebt von den milden Reflexen der Glanzlichter.

Das warme Licht mildert alle Schärfe, wir sehen auf einmal einen ganz jungen Mann.


Marco Skilehrer ( in: Winterschläfer )

Kamerafahrt über Becki´s Bett. Marco und Becki liegen schlafend, erschöpft vom Liebesspiel, jeder auf seiner Seite. Ihre Körper leuchten glatt und golden.

Hupp!!

Marco fährt hoch in Sitzposition, erschrocken, hellwach, als hätte er einen Knall gehört, Mund offen, atmet heftig.

Sein Blick sucht, sucht in seiner Erinnerung.

Scheiße! schnauft er.

Schnitt. Draussen.

Blick auf die grüne Stern-Haustür. Sie klappt auf, Marcos Kopf und Oberkörper schnellen ins Bild. Er ist im rotkarierten Morgenmantel, sucht, sucht noch mal zur anderen Seite.

Er vermisst etwas.

Macht ein paar Schritte vor´s verschneite Haus, knirscht gummigestiefelt und badebemäntelt durch den Schnee.

Schaut noch mal, hastig.

Dreht sich um sich selbst, – vielleicht hinter dem Schuppen…?

Nichts.

Er knurrt: scheiße, scheiße.

Kickt wütend und hektisch irgendwas am Boden zur Seite. Hilft alles nix. Der neue teure Wagen ist und bleibt weg.

Plato (in: Spiel um Dein Leben)

Plato steht da – mit erhobenem Kopf.


Er blickt die beiden unter halb gesenkten Augenlidern an, erst Nick, dann Jana.
Ein leicht spöttischer Ausdruck überfliegt sein Gesicht.


Er macht sich bereit.


Er schluckt, greift nach der Waffe.
Er hat Angst.

Wieder richtet er sich auf, ein spöttisches Lächeln zuckt um seinen Mund, er hält sich die Waffe an die Schläfe.

Sekundenbruchteile passiert nichts.
Wir hören ein metallisches Klicken, wie von einer Metallfeder, die nur einen Millimeter bewegt wird.

Platos Augen drehen sich sichernd in Richtung des Geräuschs, dann sieht er wieder Jana an.
Die ist ganz interessiert, weiter nichts.
Nick schaut freundlich auffordernd.

Plato verkrampft sich, kämpft hart zwischen Angst und Wollen, jetzt zittert er.

Plötzlich verlöschen die Glanzlichter in seinen Augen. Sein Blick kippt nach innen.

Dann ein Knall.

Plato hat die Waffe mit einem Ruck von der Schläfe gerissen und zu Boden geschleudert. Dabei hat sich ein Schuß gelöst.
Sein oder Nichtsein – Nichtsein wäre seine Option gewesen.

Ghetto: Der Jüdische Ghettokommandant Jacob Gens:

Schnitt auf Gens.
Jetzt ist er ganz nah bei uns.

Der Tod, die feuerbereiten Maschinengewehre, nahen so rasch, dass zwischen Begreifen und Abwehr nur Sekunden verstreichen…
Gens schüttelt den Kopf, entsetzt, hastig, ein lautloses:

Nein. Nein!

Wir fühlen, er meint dieses Nein! nicht für sich, sondern für Menschen hinter sich, für deren Überleben er die Verantwortung trägt.

Die Adjutanten kommen näher, näher – an die ahnungslosen Schauspieler heran.

Schnitt. Close up Gens.

Er reisst die Hand hoch. Wehrt ab.

No! Nooo!

Sein Schrei aus weit aufgerissenem Mund
ist ohrenbetäubend,
schneidet in unsere Nerven,
zischt nadelnd über unsere Haut,
die geweiteten Augen machen uns Angst,
seine Pupillen stehen frei,
wir sehen die abwehrende Hand direkt vor uns.

Entsetzen…

Roman Cycowski (in: Comedian Harmonists)

Wir stehen im close up einen halben Schritt entfernt vor Roman Cycowski und erleben aus nächster Nähe, wie er die Augen öffnet, sein Blick das Bild seiner Frau, die er gleich heiraten wird, aufnimmt und umschließt.

Die Lider heben sich langsam. Die Augen öffnen sich und geben uns den Blick auf eine Innenwelt von schönen, freundlichen und magisch anziehenden Gefühlen frei, die ausschließlich in Romans Blick, in den Glanzlichtern seiner Pupillen transportiert werden.

Es wirkt, als hätte sich eine Woge von innen nach aussen an den geschlossenen Lidern aufgestaut, die sich jetzt nach aussen verströmt durch die Fenster einer Seele, eines Herzens.

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Max Ausgabe Juli Nr. 7 „Blicke“:

http://www.age-of-media.de/thomas/05/photos/14a.jpg

bravo! die Porträtaufnahme rechts ist m.E . eine ausgezeichnete Lösung einer nicht untrivialen Aufgabenstellung! Homepage Thomas Rusch Fotograf

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