Filmszenen I „..sagen Sie jetzt nichts!“ in: Napoléon. Porträt Caulaincourt (Heino Ferch) Teil 5. 2001-2002

Bildquelle und Bildrechte Lichtbildwerke: Universal Pictures und BETA-Film 2003

..sagen Sie jetzt nichts!“ in: Napoléon. Porträt Caulaincourt ( Heino Ferch ) Teil 5, Regie: Yves Simoneau, Buch: Didier Decoin, Max Gallo, 2001-2002

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Sagen Sie jetzt nichts!

Szene Der Ball.

Ein Rokoko-Ballsaal, Hunderte von Kerzen erleuchten festlich das prachtvoll höfische Ambiente.

An den Wänden ringsum goldgerahmte saalhohe Spiegel, die die Schönheit der feinen Ornamente und der erlesenen Empire-Roben der Gäste vervielfachen.
Anwesend ist der polnische Adel. Verhaltene französische Walzermusik, man tanzt.

Napoléon möchte ein Téte a téte mit Gräfin Walewska. Er beauftragt während des Balles den Chef der Geheimpolizei, Joseph Fouché, bei der Gräfin sogleich einen unsignierten Brief hinterlegen zu lassen, der sie zu einem Stelldichein bittet.

Napoléon diktiert Fouché den Text des Briefes an Maria Walewska:

..ich sehe nur noch Sie,

ich bewundere Sie,

ich sehne mich,

ich bitte um schnelle Antwort, um die Glut zu löschen.

und zu Fouché:

Richten Sie es ein, dass sie ihn findet, wenn sie nach Hause kommt und lassen Sie meine Kutsche vorfahren.

Sire gibt Fouché zu bedenken , der Ball!

Ich habe kein Interesse, wenn sie nicht tanzt.

Der Kaiser verläßt den Ball.

Caulaincourt befand sich in Hörweite des Kaisers. Die subjektive Kamera erzählt uns – wir blicken quasi durch die Augen des Marquis -, was Caulaincourt sieht und denkt.

Caulaincourt hat, wenn vielleicht nicht wörtlich, jedoch dem Sinn nach, gehört und erkannt, was der Kaiser wünscht. Er beginnt ohne zu zögern mit der Umsetzung des kaiserlichen Desiderats.

Er sieht Napoéon den Saal verlassen. Sekunden darauf geht er zu Maria Walewska und ihrem Gatten. Er bittet die Gräfin um die Ehre eines Tanzes

Gewähren Sie mir den nächsten Tanz, Madame?

fragt er in völlig korrekter Haltung.

Walewskas Antwort ist eigenartig ängstlich, vor allem wenn man bedenkt, dass sie sich in unmittelbarer Gegenwart ihres Gatten befindet:

Wenn sie keine weiteren Erwartungen an mich stellen…!

Caulaincourt macht eine kleine ..aber mitnichten! Wo denken Sie hin, Madame!-Geste

– und wendet sich an Graf Walewski.

Sie gestatten, Graf Walewski?

Walewski erlaubt mit einer angedeuteten Verbeugung Caulaincourt den Tanz, mit einer ebensolchen dankt der Marquis und bietet der Gräfin den Arm.

Maria Walewska akzeptiert. Zum zweiten Mal liegt ihre Hand auf Caulaincourts Arm. Wieder unprotokollarisch – inklusive ihres Ellenbogens – oho!

Beide lächeln einander verhalten an.

Die Ausstrahlung des Marquis ist in diesen Augenblicken weit weniger offiziell als seine Worte.

Gräfin Maria Walewska und Marquis de Caulaincourt tanzen (Alexandra Maria Lara und Heino Ferch)
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Er wirkt, -um die Wahrheit zu sagen-, er wirkt schlicht und einfach so, als hätte er bereits mit dieser Frau das Bett geteilt.

Und im Lächeln der Gräfin scheint eine Schwingung zu schweben, als wäre sie noch ganz im Bann einer unlängst stattgefundenen körperlichen Vereinigung mit diesem Mann, der sie gerade um einen Tanz gebeten hat.

Die zwei gehen einige Schritte weiter zum Tanzparkett. Wir können in beider Gesichter sehen. Von Walewskas Seite, so fühlen wir, glüht immer noch Bettwärme mit, sie wirkt geradezu noch warm und weich aus dem Pfuhle. Caulaincourts Gesicht ist entspannt wie noch in keiner Szene vorher und nie mehr danach.

Diese Doppelbotschaft zwischen offiziellem Protokoll und inoffizieller Körpersprache gibt dieser kleinen Szene eine sehr interessante Note. Was sollen wir denken?

Gleichzeitig spürt man zum ersten Mal den sehr deutlichen Altersunterschied zwischen den beiden. Hier tanzen eine sehr junge Frau und ein Mann, der an der Grenze von Jugend und Alter, auf der Höhe seiner Lebensbahn steht.

Auf langer Erfahrung fußende, ruhig und selbstsicher dahingleitende männliche Willenskraft, die tausend Wege kennt, sich zu verschaffen, was sie wünscht, begegnet jugendlichem Enthusiasmus und frischer Neugierde.

Während des Tanzens, -beide sehen sich in die Augen-, umschwebt Maria Walewskas Mundwinkel weiter ein Lächeln, das eigenartig zweideutig, sehr persönlich wirkt.

Caulaincourt sieht sie ernst und wohlwollend, aber auch sehr intensiv an. Tatsächlich formuliert er bereits eine Frage im Kopf.

Wir genießen noch einige Sekunden Caulaincourts hervorragende Tanzhaltung, und fragen uns gleichzeitig, was er wohl vorhat. Dann dürfen wir, da wir nur einen Schritt neben den beiden sind, seine Frage belauschen:

Wenn ich´s recht bedenke,

meint der Diplomat diplomatisch

habe ich doch eine Frage, die ich Ihnen stellen möchte…

Walewskas Antwort ist durch ihren ernst warnenden Ton unmißverstandlich:

Sagen Sie jetzt nichts.

Ihr Geschenk an ihn, ihr geheimisvoll-bezauberndes Lächeln, ist unvermittelt verloschen, sie bannt seinen Annäherungsversuch mit einem ernst anhaltenden Blick in seine Augen.

Caulaincourt Gesichtsausdruck verändert sich nicht, wir sehen keine Reaktion, er tanzt ohne die geringste erkennbare Enttäuschung weiter und blickt ihr auch ohne jeden Bruch der Aufmerksamkeit weiter in die Augen.
Dies hält so lange an, bis beide auf einem distanzierteren Niveau zueinander angekommen sind.

Jetzt wird Maria Walewskas Ausdruck wieder freundlicher, entspannter.

Wir wissen nicht, was Caulaincourt fragen wollte. Aber es war wohl nicht das, was uns die Körpersprache der beiden erzählt hat. Caulaincourt wollte wohl nicht in seinem, sondern im Namen seines Kaisers sprechen.

Daß es ihm gelungen war, seine Frage doch noch zu platzieren, zeigt die nächste Szene, in der Maria Walewska sich bereits – von Caulaincourt dorthin expediert- in Napoléons Schlafzimmer befindet und auf den Kaiser wartet.

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2002 Marquis de Caulaincourt – Heino Ferch, Alexandra Maria Lara – Gräfin Maria Walewska Filmografie Alexandra Maria Lara, Joseph Fouché – Gérard Depardieu Filmografie Gérard Depardieu, Napoléon – Christian Clavier Filmografie Christian Clavier

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Themawechsel:

Hatten Sie einen harten Tag meine Damen? Frustriert? Könnten Sie Ihren Chef auf den Mond schießen? Haben sie heimlich aufgestauten Groll gegen ihren Partner? – Die Komödie „Single sucht Nachwuchs“ mit Heino Ferch in der Rolle des egomanischen Yuppie Robert Breuer wird sie sicher entspannen. Frustabbau durch hämisches Kichern. Ausserdem was Leckeres für´s Auge. Und ein bißchen Schicksal für´s Herz. Die Komödie wirkt, als hätte eine Gruppe Schauspieler-Kollegen an einem sonnigen Nachmittag eine leichte luftige kleine Komödie aus vielen Anknüpfungspunkten aus der eigenen Lebensumgebung erdacht. Sogar manche Requisiten wirken, wie von zu Hause mitgebracht. Der Erzählfluss ist durchgehend allegro con brio mit einem kleinen andante im schicksalhaften Teil. Dialogtextschwächen werden von den soliden Leistungen der DarstellerInnen aufgefangen. Heino Ferch, Christian Berkel, Monika Bleibtreu, Aglaia Szyszkowicz, Marie-Lou Sellem, Uwe Janson Regie, Buch: Ulrich Limmer. 1997-1998

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