Filmszenen I …sehr geehrte Damen und Herren….in: Krupp – eine Deutsche Familie. Teil 1. Heino Ferch – Gustav Krupp von Bohlen und Halbach Regie: Carlo Rola, 2008-2009


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Krupp – eine Deutsche Familie. Teil 1. Heino Ferch – Gustav Krupp von Bohlen und Halbach. Buch: Christian Schnalke,  Regie: Carlo Rola, 2008-2009

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Vor der Szene

Nach dem Tod ihres Vaters

Friedrich Krupp (Fritz Karl, rechts
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)
ist


Bertha Krupp (Valerie Koch, links.
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) Alleinerbin des Krupp-Imperiums Essen.

Eine Frau an der Spitze eines Stahlimperiums, das neben Radreifen -drei davon bilden das Krupp-Logo – Rüstungsmaterial, Waffen, herstellt, ist undenkbar.

Kaiser Wilhelm II. (Michael Schenk) wählt höchstpersönlich den passenden Gatten für sie aus. Der Legationsrat am Heiligen Stuhl Gustav zu Bohlen und Halbach soll als Bertha´s Gatte das Unternehmen führen.

Nach der Heirat, der eine glückliche und kinderreiche Ehe folgen wird, übernimmt Bohlen quasi als Ehrentitel den Namen Krupp.


(Heino Ferch , rechts
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)
Krupp zu Bohlen und Halbach.

Die Szene

Speisezimmer von der Größe eines Saales, mindestens sechs Meter hoch.

Es wird aufgetragen.

Vor uns sitzt Alfried, er ist etwa zwölf. Seine Unterarme liegen korrekt auf der Tischkante auf, Haar mit Wasserscheitel, Kleidung hochoffiziell, blauer Anzug, Kragen, dunkelblaue Samtschleife. Die Hand eines Dieners serviert Suppe. Vor Alfried türmt sich porzellanreich Second Rokoko Geschirr, Suppen-, darunter Untertasse, das ganze auf Unterteller und weissen Damast, Silberbesteck, Wasser in geschliffenem Kristall.

Ein ganz normaler Abendtisch bei Krupp.

Alfried blickt nach der Uhr. Insert auf das Zifferblatt der Kaminuhr: Drei Minuten nach sechs. Drei Minuten nach ist wahrscheinlich nicht gut.

Ein dumpf hohles Holzgräusch, wie es sehr hohe alte Türen in sehr hohen alten Räumen zu machen pflegen. Alfried blickt sich um. Die Tür geht auf.

Sein Vater Gustav Krupp von Bohlen und Halbach betritt den Saal. Taubenblaugrauer Gehrock, Gilet, Stehkragen, Binder, auch er Wasserscheitel, die Schläfen freirasiert, goldene ovale Brille, ca. Fünfzig. Er steckt gerade seine Taschenuhr an ihren Platz zurück. Geht dabei im Bewusstsein seiner Autorität und schnellem Schritt an der langen Tafel vorbei. Alle blicken sich um. Gustav Krupp erreicht seinen Platz am Kopf des Tisches.

Dunkel, leise, rau, mit gesenkter Stimme:

Bitte meine Verspätung zu verzeihen.

 

Dann, lauter, in Referatshaltung:

 

Eine deutsche Delegation hat ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet.

 

Er legt seine Hände – wohl wie üblich – hinter seinem Rücken in Ruheposition zusammen:

 

Seine Majestät, der Kaiser, hat abgedankt und befindet sich in Holland im Exil.

 

 

Der Vater murmelt, blickt dabei nicht hoch:

Der Krieg ist verloren.

 

Zackig wirft er die Schöße seines Gehrocks hinter sich und nimmt Platz. Leise, zu den Dienern, die mit der Suppe bereitstehen:

Bitte.

 

 

Er entfaltet die weisse Damastserviette. Mit erhobenem Kopf laut zu allen:

Guten Appetit.

Das offizielle Signal, dass mit dem Essen begonnen werden darf.

 

Halbtotale.

 

Wir stehen an einem freien Platz an der Tafel und sehen die Angesprochenen, Margarete, Bertha, Alfried, drei kleinere Kinder, am Kopf der Tafel Gustav Krupp. Die Diener eilen hinter ihm vorbei, um sich vor Gustav Krupp in Servierposition zu bringen.

Schnitt auf Alfried. Er scheint zu denken. Was das hier alles bedeuten soll.

Übergang auditiv: An…
 

Schnitt.

Wir sehen Gustav Krupp von Bohlen und Halbach in seinem Arbeitszimmer

und dürfen einige Momente seinem Tagesgeschäft beiwohnen. Auch das Arbeitszimmer hat Saalgröße und – höhe. Dunkle Portieren dämpfen das weisse Tageslicht, das von hohen Fenstern einströmt. Lichtbahnen tauchen die Raumtiefe in Sfumato. Man raucht hier offensichtlich.

Ledergepolsterte Stühle, Kirschbaumholz, Kristall-Leuchter und –lüster, Sächelchen aus Bronze, bibliophile Sammlerstücke – aufgeschlagen auf Buchständern präsentiert.

Krupp geht langsam auf und ab, die Hände wieder auf dem Rücken. Typisch. Er diktiert einer Sektretärin. Die Frau schreibt mit:

Vickers Ltd. , Sheffield, England. Adresse wie gehabt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

hiermit gestatte ich mir allerhöflichst die ausstehenden Lizenzgebühren für die Zünder Ihrer Vickers – Granaten in Erinnerung zu bringen.

Apropos ausstehend. Krupp nimmt seine Uhr aus der Gilettasche, öffnet sie und liest die Uhrzeit ab.

Steckt die Uhr wieder ein.

Laut …Lizenzvertrag ist die Firma Vickers Ltd verpflichtet, für jede abgeschossene Granate mit lizensiertem Krupp-Zünder…

Die Frau sitzt unbeweglich, wir hören nur das Schreibgerät auf dem Papier kratzen.

… eine Lizenzgebühr von einem Schilling und vier Pence an Friedrich Krupp AG , Essen, zu begleichen.

Krupp begibt sich während des Diktats zu seinem Schreibtisch. Er muss gleich eine Ziffer nachsehen.

Bei geschätzten vier Millionen Abschüssen von Vickers-Granaten auf Deutsche Stellungen im vergangenen Krieg …

Blick auf eine Bucheintragung. Die Fingerspitzen seiner beringten Hand fahren die Tabelleneinträge ab. – später sehen wir, der Ring zeigt das Krupp – Logo der drei Reifen.

….ergibt sich somit eine Summe von…250.000 Pfund Sterling.

Wir kommen näher. Krupp prüft noch einmal die Ziffer. Wir prüfen inzwischen sein Exterieur. Sein extrem exaktes Exterieur, die teuren Stoffe, die taubenblaue Seide seines Binders, der Jackenaufschläge, die schwere goldene Uhrkette, die schneeweissen Manschetten, der wohlgenährte Embonpoint.

Er blickt hoch.

Ja.

Bestätigt er sich selbst.

Ein schönes Sümmchen für den Beschuß von Soldaten der eigenen Nation.

Schnitt.

2008-2009 Heino Ferch (im Alter von 45) – Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Fritz Karl – Ferdinand Krupp, Barbara Auer – Margarethe Krupp, die Frau von Ferdinand Krupp, dem Vater, Theo Trebs – Alfried Krupp (jung), Valerie Koch – Bertha Krupp (jung)

Kommentar:

Zur Choreografie im Speisezimmer Hereinkommen, Kinder sind anwesend, Saalartige Umgebung, Position als Oberhaupt der Gruppe, einige Worte im Stehen, sein „Kommando“ zum Anfangen. Ähnelt der Choreografie Szene im Speisesaal der Napola-Marienburg in Der Unhold. Ähnlich: Saal, Oberhaupt der Gruppe, einige Worte im Stehen, Kommando zum Setzen/Anfangen. Die Erzählinhalte differerieren in diesem Fall zur Gänze, nur die Choreografie ist fast identisch.

Choreografie, in der das Diktieren von Briefinhalten wichtig ist, finden wir mit ähnlichem Tenor in Der geheimnisvolle Schatz von Troja, z.B. Schliemann diktiert den Brief an Stölzl, mit anderem Tenor in Die Luftbrücke – nur der Himmel war frei, General Turner diktiert Frau Kielberg.

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