Filmszenen I „…always and forever – you and me….“ in: Der Anwalt und sein Gast Teil 8a. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ) 2002-2003


„…always and forever – you and me….“ in: Der Anwalt und sein Gast Teil 8a. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ) Regie: Thorsten C. Fischer, 2002-2003

Bildquelle und Bildrechte: ZDF/Hager Moss Film

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Vor der Szene:

Christian nächtigte nach der Vertreibung aus seinem Haus in der Kanzlei. Foto Christian Weller

Karmann rief ihn dort an. Er begann sofort, das Rilke-Herbstgedicht vorzutragen, von dem wir die Teile hören:

…wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr…

..wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben…

Karmanns Stimme klang so, als wäre er in einem psychischen Ausnahmezustand, unberechenbar, gefährlich, atemlos.

Als Christian nach dem Anruf die Taste „letzter Anruf“ drückt, muss er sehen, dass Karmann ihn von seiner eigenen Villa aus angerufen hatte.

In großer Sorge um Frau und Kind fährt Christian zu seinem Anwesen.

Seine Befürchtungen bewahrheiten sich nicht.

Karmann hat sich freiwillig entschlossen, zu gehen.

Er hinterläßt Katja einen Dankes- und Abschiedsbrief.

Katja weiß jetzt, dass Karmann nicht mehr zurückkehren wird.

Die Szene.

„..always and forever…you and me…..“

Stunden sind vergangen.

Schwache erste Dämmerung.

Christian steht am Fenster des Wohnzimmers.

Wir sehen ihn, wie er bewegungslos nach draußen blickt, auf die Frauenstatue im Garten, eine lebensgroße Figur, statisch, ernst und dunkel.

Schnitt auf Katja.

Wir sehen aus dem Garten zu ihr hinauf. Sie steht am Fenster des Schlafraumes. Die Ähnlichkeit ihrer Gestalt mit der der dunklen Statue ist offenbar.

Sie blickt hinaus in die Weite, in die Ferne, ist erstarrt traurig.

Schnitt.

Später. Morgendämmerung.

Christian hatte sich in einen der würfelförmigen schwarzen Ledersessel niedergelassen und war eingeschlafen.

Wir sehen sein Profil über die Kontur des Sessels hinausragen, hören den regelmäßigen Atem eines Schlafenden.

Es ist kein vollständiger Mensch, den die Kamera uns zeigt.

Wir sehen nur Rudimente, die Kamera blickt kühl und distanziert auf dieses Leben – wie auf ein Objekt.

Katja betritt das Wohnzimmer.

Sie bleibt an der Tür stehen und sieht intensiv ihren Gatten an.

Christians Unterbewusstsein fühlt, dass er nicht mehr allein im Raum ist. Er wacht auf.

Totale. Ganzer Wohnraum.

Dort hinten ist ein Mann unbequem in einem schwarzen Sessel hintenüber gesunken, er ist im Mantel. Sein Kopf liegt auf der Kante der Lehne auf.

Aus der kompakten Silhouette des Sessels ragen zwei Beine heraus. Der Sessel ist so hoch, dass die Füße keinen richtigen Bodenkontakt haben.

Die Beine lassen uns irgendwie erschrecken.

Sie hängen wie leblos, einwärts gedreht, ohne Kraft, so, wie die Beine eines alten Mannes aussehen würden.

Wir sehen nicht mehr Christian Weller, nicht unseren Anwalt, den kühlen klaren souveränen Denker, den überaus eleganten Mann, kein Individuum.

Da liegt nicht viel mehr als ein schwarzgrauer Haufen, – der sich jetzt schwerfällig langsam ein wenig bewegt.

Christian erwacht, richtet sich auf.

Dies geschieht in so kleinen Schritten, dass wir beinahe fürchten, der Mann im Sessel wird nicht die Kraft haben, sich vollständig zu erheben.

Er wirkt alt, uralt, bleiern, schwach, schwer.

Wir sehen seine Arme nicht. Er benutzt seine Arme, seine Hände nicht, um sich aufzurichten. Vielleicht hat er sie in den Manteltaschen, wir wissen es nicht.

Er wirkt, als wäre er irgendwie versehrt. Wenn wir ihn nicht kennen würden, müssten wir denken, da sitzt ein körperlich behinderter Mann.

Very Close up auf Christians Gesicht.

Er blickt zu seiner Frau hinüber. Sein Gesichtsausdruck ist  bitter, verbittert, angespannt, zerfurcht.

Er wartet, sieht seine Frau unverwandt an,…

…eine Sekunde,               zwei Sekunden,                    drei Sekunden….

Nichts bewegt sich.

Eine Folge hallender Schläge im Hintergrund lässt uns unwillkürlich mitzählen, wie wir die Schläge einer Kirchturmuhr mitzählen würden.

Der Mann wartet auf ein Zeichen seiner Frau.

Very Close Up Katja.

Ihr Blick ist so statisch wie der seinige. Sie ist verweint, das ganze Gesicht tränennass, ihr dunkel entschlossener Blick ändert sich kein Jota.

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Kommentar Nachtrag vom 11.11.2008: Das Rilke-Gedicht „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr…“ wird in „Die bleierne Zeit“ von Margarethe von Trotta zitiert. Die beiden Schwestern, Goldmarie und Pechmarie,  in der Schule, sollen es interpretieren. Goldmarie trägt es vor Pechmarie will es nicht interpretieren.

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