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„…..Sie sind´n guter Polizist….“; Heino Ferch als Anton Glauberg in: Mord am Meer. Kommissar und Kommissarin, Regie: Matti Geschonneck, Buch: Thomas Kirchner nach Roman von Ulrich Woelk, TV-Film, ZDF, 2004-2005
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Anton Glauberg, dem kantigem norddeutschem Kommissar, ist Paula Reinhardt, die ehrgeizige BKA-Beamtin aus Ost-Berlin beigestellt. Beide ermitteln in Berlin zum Mordfall Wolgast/Jacobi.
Paula Reinhardt hat bemerkt, daß auch sie nur Ball im Spiel Anderer war, daß ihr Chef, Jäger, sie benutzt hat.
Wir sehen Glauberg am Hoteltelefon, er soll in die Kneipe kommen.
Jetzt? Wo?
sagt er ärgerlich ins Telefon, geht aber doch sofort los.
Schnitt.
Die Kneipe.
Leise Musik, gemischtes Publikum in Tageskleidung, nicht wenig Frauen, entspannte Atmosphäre, in der Raummitte ein großer Biertresen. Die gesamte rückwärtige Wand ist verglast. Dort befindet sich auch die Eingangstür, durch die Glauberg gerade hereinkommt.
Paula sitzt am Tresen.
Glauberg trägt sein braunes Jacket, den Kragen hochgeschlagen. Er setzt sich neben Paula und bestellt.
Ich hätt´gern ´n Bier.
Er sieht Paula wohlwollend und ein wenig erwartungsvoll an.
Paula hat schon drei Schnäpse getrunken, die leeren Gläser stehen vor ihr aufgereiht.
Danke, daß Sie gekommen sind.
Sie müssen mir glauben, ich hab´das nicht gewußt, daß Jäger sie observieren ließ.
Paula starrt vor sich hin.
Ich hab´ Sie die ganze Zeit belogen.
Glauberg hat die Hände ineinander verschränkt, die Ellbogen aufgestützt. Wenn er Paula ansieht, dreht er nur den Kopf. Sein Körper bleibt dem Tresen zugewandt.
Paula Es tut mir leid.
Glauberg eindringlich, mitfühlend, leise, mit gebrochener Stimme: Man hat auch Sie belogen.
Paula murmelt vor sich hin: Sie können Du sagen. Glauberg geht nicht darauf ein.
Paula spinnt ihren Gedanken von vorhin weiter: Da hätt´ich nich´mitgespielt.
Pause.
Glauberg: Seit wann wußten Sie, daß Hans Wolgast mein Bruder war?
Als wir die Leiche inspiziert hatten, da standen Sie oben auf dem Deich und ich hab´mit Jäger telefoniert.
Paula starrt auf die Reihe geleerter Schnapsgläser.
Paula: Da sagt er Paula, hab´n´Auge auf´n Glauberg, das ist Wolgasts Bruder – sehr verdächtich.
Der Kellner serviert das Bier. Glauberg zieht das Bierglas mit einer geübt schnellen eleganten Bewegung zu sich her, läßt es dabei um die Längsachse kreisen, so daß der gläserene Henkel sich von ihm wegdreht und trinkt an.
Paula Dann hab ich in Ihrer BKA-Akte gelesen, daß sie seinetwegen nicht versetzt wurden.
Glauberg nickt, dreht den Kopf zu Paula, sieht sie an.
Paula denkt laut weiter:
Ja, mit dieser Ostbrut können sie´s ja machen, die trippelt hinterher und sammelt die Brotkrumen auf, dat blöde Huhn!
Sie will ihren vierten Schnaps trinken. Glauberg langt mit einem Arm zu Paula hinüber.
Fast fürsorglich, leise, rauh sagt er:
Jetzt reicht´s, Paula..
Er nimmt ihr das volle Glas vorsichtig von den Lippen und stellt es weg, sieht dann geradeaus, so vor sich hin, wartend, schweigend.
Anton?
Glauberg dreht wieder den Kopf. Close up. Wir sehen in sein ernst besorgtes Gesicht.
Paula sagt, emotional, ehrlich und überzeugt :
Sie sind´n guter Polizist.
Glaubergs Hände bleiben um sein Bierglas verschränkt, nur sein Gesicht ist zu Paula hingewendet.
Seine Stellung und Haltung ändert sich nicht ein Jota. Wir sehen keine Bewegung, auch seine Mimik zeigt keine definitive Reaktion.
Es ist nur so, daß das Gesicht dieses Mannes mit einem Mal weich wird, sich öffnet.
Dort, wo Anspannung war, ist jetzt Gelöstheit, dort, wo Besorgnis, Verkrampfung war, ist jetzt durchlässige Offenheit.
Es ist, wenn wir ganz genau hinsehen, die Spur eines brückenschlagenden Lächelns in den Augen, um die Lippen, eine Ahnung nur.
Nach all der vereisten Verkrampfung bisher ist dieses hauchzarte Schmelzen von Härte zu Gelöstsein fast wie das Erglühen einer Morgenröte, rosenfingrig, safrangewandet,
ein Geschenk an Paula und auch an uns, die wir bisher mit seiner ungeheuren inneren Anspannung mitleben mussten.
Seine schwarzen Augen verengen sich, Lachfalten an den Augenwinkeln springen auf.
Paula will sich erheben, verliert fast das Gleichgewicht, wankt gegen Glauberg, hält sich an seinem Jacket fest, ihre Finger verfangen sich in der Brusttasche seiner Jacke, sie bemerkt es gar nicht.
Glauberg weckt sie: Hey …. heyheyheyhey! …und stützt sie am Rücken.
Paula: Glauben Sie, das Christian Curland Ihren Bruder ermordet hat?
Glaubergs Ausdruck bleibt freundlich, ist aber undurchdringbar.
Ich denk´drüber nach.
Close up Glauberg. Immer noch dieselbe Körperhaltung, wieder dieselbe ernst Miene wie zu Anfang, eine Spur weicher.
Paula schiebt sich vom Hocker, an ihm vorbei, drängt ihn dabei vom Tresen ab und geht zur Kneipentür, sichtbar angetrunken.
Glauberg nimmt einen Schluck Bier und winkt dem Barkeeper.
Zahlen!
sagt Paula und schon ist sie draußen. Glauberg soll zahlen.
Der nimmt noch einen Schluck, lächelt jetzt richtig amüsiert, zahlt und geht hinaus.
Schnitt.
——-
Kommentar:
Diese und die folgende Szene erzählen uns leise und so nebenbei von der Veränderung des Verhältnisses der beiden Kommissare zueinander.
Glauberg weiss in diesem Moment schon lange, dass er mit der Mörderin seines Bruders spricht. Er war bisher einerseits von ihrem amateurhaften Vorgehen extrem genervt, hat sie andererseits eiskalt als Informantin benutzt.
Paula ihrereseits gibt hier und jetzt ihre Rolle als kühle Streberin auf, die Glauberg für eine naive Landkartoffel hält und zeigt Breitseite.
Persönlich ist Glauberg immer wieder wechselnd stark von Paula angezogen, der Kommissar in ihm jedoch bereitet kühl und kausal-logisch-sukzessiv vorgehend ihren Untergang vor. Schuld ist Schuld.
„Sie sind´n guter Polizist!“ Dieses ehrlich unverstellte Kompliment, das Paula in einem Moment des Kontrollverlusts entrutscht, ist höhnischerweise das Messer, in das sie hineinlaufen wird. Weil Glauberg ein guter Polizist ist, wird er Paula überführen.
Audio.wma (Text exkl. Dialog und Sprecher: ignazwrobel)
Standfoto Anton Glauberg und Paula Reinhardt in der Kneipe
2004 Heino Ferch – Anton Glauberg, Nadja Uhl – Paula Reinhardt
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