Filmszenen I „O lieb, solang du lieben kannst…“ Teil B in: Marlene. Carl von Seidlitz – Heino Ferch. 2001


Josef Vilsmaier. Heino Ferch - Carl von Seidlitz

„O lieb, solang du lieben kannst. Teil B – Die Stunde kommt, die Stunde kommt ….“ aus dem Film Marlene. Carl von Seidlitz – Heino Ferch, Regie Josef Vilsmaier, Drehbuch: Christian Pfannenschmidt perathon 2001

Bildquelle und alle Bildrechte bei perathon Filmproduktionsgesellschaft und Senator Film

Schlusszene der Beziehung Marlene- von Seidlitz


<-<- zurück zu Teil A

Auf der Flucht, verkleidet als Französicher Bauer, mit einfachem Hemd, schäbiger Jacke und Baskenmütze, treffen Marlene und er noch einmal in einer Bombenruine in einem Wäldchen zusammen.

Die Figur hat im Film eine Wandlung durchgemacht von den 20er Jahren , wo er ein selbstgefälliger junger Nazi-Aufsteiger war, über die frühen 30er, wo beider Sehnsucht nacheinander stark sexuell geprägt war, wo er als Offizier glaubte, dem Regime auf Treu und Glauben verpflichtet zu sein, bis in die 40er, er hatte seinen Irrtum erkannt und war in die Resistance gegangen. Zu spät.

Seine anfängliche Jagd auf die selbstbewußte Frau war mit den Jahren zuerst einem sexuellen Wunsch nach kurzer extatischer Gemeinsamkeit und später immer mehr Hingabe mit einem fast ununterbrochenen Sehnen nach ihr gewichen.

Das persönliche Schicksal, seine Entwicklung, haben die Sehnsucht nach Marlene fast unerträglich werden lassen, wie wir in dieser Schlussszene fühlen.

Sein Getriebensein teilt uns mit, dass es für ihn um Leben und Tod geht.

Von Seidlitz sagt sofort das Wichtigste, er wiederholt er die Worte des ersten Treffens von damals, als beide die Masken des Spielerischen abnahmen und sich deshalb tatsächlich begegnen konnten.

Wir stehen direkt vor Carl von Seidlitz, einen Viertelschritt entfernt und sehen ihm ins Gesicht, über die Schulter Marlenes hinweg, die er umarmt.

Er zitiert Freiligrath, dabei wird seine Stimme immer leiser, versagt, er spricht die Worte schnell, als würde er einen Zauberspruch rezitieren, der ihn und sie retten könnte.

Und gleichzeitig so, als verschwände sein hoffendes Ich in der Erkenntnis, dass zwischen dem Gesagten und der Realität, die beide sofort und für unabsehbare Zeit voneinander trennen wird, keine Brücke zu schlagen ist.

Von Seidlitz drückt die Frau an sich, so als könnte er sie in sich selbst hineinholen, er spricht die heiligen magischen Worte, sie lösen Tränen aus, drängen zwischen den Wimpern hervor, er weint, während er schneller, wie eine Beschwörungsformel, die magischen Worte spricht, dann nur noch flüstert, die den beiden eine Brücke von Herz zu Herz gewesen waren.

Von Seidlitz hat den Kopf angehoben, schließt die Augen, er umfasst ihre Schulter, drückt die Frau an sich, seinen Kopf fester an ihre Schulter, Kopf an Kopf, sie können sich nicht in die Augen sehen, Marlene hört nur

„… und Liebe hegt und Liebe trägt

solang ihm noch

ein andres Herz

in Liebe warm entgegenschlägt.

Der Ausdruck um Carls Augen gleitet in Traurigkeit,
Tränen hängen plötzlich in den Wimpern,

dann, bei den letzten Worten,
ein winziges schmerzvolles Zucken an Schläfe und Braue,
so ungeschützt, so schmerzlich,
so offen, so überwältigend traurig……


( Kommentar:
Da sind die kleinen Bewegungen,

winzige Veränderungen in der Mimik –

da taucht ein fadenfeiner schmerzlicher Zug an der Schläfe auf,
ein Hauch Veränderung nur,

ein Wort wird von einem winzigen Zucken an der Stirn begleitet,
das den Ausdruck einen Augenblick lang ins unendlich Schmerzvolle kippen lässt

und genau das ist so, so… erschreckend packend. )

Dann ein Fliegerangriff – Actionszene, man muss fliehen. Wir freuen uns erleichtert, dass wir wieder in handfestere Dinge verwickelt werden. Die beiden werden aktiv, von Seidlitz flieht.

Lange Zeit später, nach Kriegsende, besucht Marlene die gealterte Frau von Seidlitz in ihrem einsamen Palast, um hören zu müssen, dass Carl, der die Raubmörder-Herrschaft der Nazis endlich erkannt hatte und konsequent in die Resistance gegangen war, noch ganz kurz vor Kriegsende von den Nazis hingerichtet worden war.

Marlene- Katja Flint www.katjaflint.com, Carl von Seidlitz – Heino Ferch

PS: Der Filmname des Liebhabers ist Carl Seidlitz. Ein Carl von Seidlitz wäre national-kaisertreu konservativ interpretiert worden und hätte sich nicht mit dem Bild des jungen Nazi-Aufsteigers vertragen. Die Darstellung der Figur in ihrer aristokratischen Perfektion allerdings ist ein Carl von Seidlitz.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.