Filmszenen I „…Sie müssen sich das nicht ansehen. !“ Heino Ferch als Michael Brauer. Teil 3A in: Das Baby der schwangeren Toten.1993-1994

„…Sie müssen sich das nicht ansehen. Sie quälen sich doch nur!“ Heino Ferch als Michael Brauer. Teil 3A in: Das Baby der schwangeren Toten. Buch und Regie Wolfgang Mühlbauer, Bavaria Film für RTL 1993-1994

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Die Szene


Krankenhaus. Lift.


Die Lifttür geht auf, Micha tritt zu uns auf den Gang. Eine Schwester eilt in hohem Tempo an ihm vorbei. Micha schafft es gerade noch, zu fragen:


Wie geht´s Marina, Schwester Anna?


Schwester Anna rennt an ihm vorbei, dreht sich rückwärts zu ihm, während sie weiter rennt.

Tut mir leid – sieht ganz schlecht aus.

Und ist verschwunden.


Micha und wir gehen den Gang entlang bis zur nächsten Glastür.


Dort steht: ZUR INTENSIVSTATION


Aus dem Off ruft eine nervöse Männerstimme, (es ist Dr. Baumann, wie wir gleich sehen werden. )


Wo bleiben die denn mit der Dialyseeinheit?


Unruhe, hohes Tempo. Micha kommt ganz unvorbereitet aus seiner ruhigen Stimmung in dieses hohe Tempo hinein.


An der Glastür steht Dr. Baumann im blauen sterilen Kittel, wartet, offensichtlich auf das Gerät.


Micha leise:


Was ist passiert?


Dr. Baumann erregt, streng, wehrt ihn mit einer Geste kategorisch ab:


Halten Sie mich jetzt nicht auf – oder wollen Sie, dass sie abnippelt?


Um ihn herum Einsatzstimmung – routiniert, aber deutlich zu fühlen, ein Wettlauf-gegen-die-Zeit.


Micha setzt an, will ins Zimmer hineingehen. Wieder wird er aufgehalten:


Sie warten besser draussen.


Mit Micha gelingt uns ein kurzer Blick ins Krankenzimmer.


Alle drei Ärzte , Professor Lindhoff, der Chefarzt, Professor Stuck, der verantwortliche Leiter und Dr. Baumann, stehen am Bett, drei Schwestern eilen hin und her. Wir hören:


Kammerflimmern ….. Adrenalin – ……. nochmal Adrenalin…..


Die Überwachungsgeräte geben mit unregelmäßigem Piepsen Marinas Herztöne wieder.


Schwester Anna bereitet die Dialysestation vor, eine zweite Schwester legt eine Infusion an. Wir sehen über Michas Schulter in den Raum. Micha muß ausweichen, eine dritte Schwester rollt schnell einen Wagen an ihm vorbei.


Endlich erblickt Schwester Anna ihn, rennt ihm entgegen, zur Tür, will die Türblätter der Schiebetüren vor ihm zuziehen, ihn ausschließen, um ihm den Anblick zu ersparen.


Micha zu Schwester Anna:


Was ist denn…..


Sie, erregt: drängt ihn zurück, nimmt ihn am Arm und schiebt ihn ins Nebenzimmer.

Sie gehen jetzt besser da rein!


Aus dem Nebenzimmer kann man durch eine Glasscheibe ins Krankenzimmer sehen.


Micha

Was ist denn mit ihr?


Schwester Anna sagt endlich ein klares Wort:


Die Nieren haben versagt.

Das Herz spielt nich´ mehr mit.

Wir versuchen alles.


Sie legt ihm, – eine Geste der Beruhigung, -kurz die Hand auf die Schulter, verlässt dann schnell den Raum durch eine zweite Tür, die ins Krankenzimmer zurückführt.


Durch die quergestellten Lamellen der Jalousie blicken wir mit Micha in das Zimmer, in dem Marinas Leib intensivmedizinisch behandelt wird.

Dr. Baumann bereitet die Defibrillation vor. Der Defibrillator steht hinter ihm, er nimmt die beiden Elektroden, Kontaktgel wird aufgetragen, er reibt die Elektroden aneinander.


Schnitt. Nahaufnahme Micha.


Micha verfolgt mit runden ängstlichen Kinderaugen die Vorgänge.


Er hat so etwas noch nie gesehen,

er weiß noch nicht, was gleich passieren wird.


Blick auf das Bett. Acht Personen umstehen es. Dr. Baumann setzt die Elektroden unter dem Schlüsselbein und am unteren Rippenbogen an, Pause, der Trafo lädt.


Alle weg vom Bett.


Er drückt auf den Auslöser. 300 V kontrahieren die Muskeln, der Körper bäumt sich hoch auf.


Wir hören einen dumpfen Paukenschlag, gefolgt von einem hohen Piepston, keine Systole. Immer noch unkoordiniertes Gekrakel auf dem Bildschirm. Der Piepston zeichnet akustisch Flatline.


Im Moment des Stromschlages Close up auf Michas Gesicht.


Er kann nicht offen halten, nicht dabei bleiben, nicht beobachten.


Augen und Mund schließen sich, wie unter Schmerz, als hätte er selbst in sich einen Ausläufer des Stromstoßes gefühlt. Sein Kopf sinkt langsam ab, er zieht sich aus dem Anblick, weg.


Er kann nicht.


Er kann das nicht ertragen, nicht mit ansehen, was hier direkt vor ihm mit dem Körper seiner Frau passiert.

Er kann nicht mehr zusehen.


Bildschirm des Pulsmessers. 140 zu 99 keine regelmäßigen Sys- und Diastolen. .


Schwächliches Gekrakel der Aufzeichnungskurve:


Der Baumann:

kein Sinusrythmus.


Micha kann doch nicht permanent wegblicken. Seine Aufmerksamkeit wird wieder zu Bett gezerrt, er muss sehen, was das, was er hört, bedeutet.


Er weint. Tränen stehen in seinen runden Kinderaugen.

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1993-1994 Heino Ferch (im Alter von 30)… Michael Brauer, Rosel Zech Betti Ley, Anna Utzerath Marina, Udo Wachtveitl Dr. Baumann, Hanns Zischler Prof. Stuck, Eva Kryll. Prof. Sutter, Angelika Bender..Sr. Susanne

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