Filmszenen I „…wir haben uns schon zu viel Zeit gegeben…“; in: Der Anwalt und sein Gast. Teil 7a. Heino Ferch als Christian Weller 2002 – 2003

Teaser Film Der Anwalt und sein Gast. Heino Ferch - Christian Weller

Bildquelle und Bildrechte: ZDF/Hager Moss Film

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„….wir haben uns schon zu viel Zeit gegeben…“; in: Der Anwalt und sein Gast. Teil 7a. Porträt Christian Weller ( Heino Ferch ). Regie: Thorsten C. Fischer. Buch: Jörg von Schleebrügge 2002 – 2003

„…wir haben uns schon zu viel Zeit gegeben…“

Karmann hatte Christian und Juliette während ihres Kusses in der Küche von der Straße aus beobachtet. Jetzt hat er Christian in der Hand.

Die Szene

Christian kommt nach Hause.

Katja steht innen in unmittelbarer Nähe der Wohnungstüre, sie hatte ihn wohl erwartet.

Die Stimmung ist sofort konfliktgeladen, elektrische Funken nonverbaler Aggression flickern in der Luft.

Beide halten ihre Aggressionen zwar zurück, die Atmosphäre ist jedoch so angespannt, dass sich unsere Nackenhaare sträuben.

Wo isn ´ Daniel?

fragt Christian sofort, nachdem er eingetreten ist.

Sie antwortet mit einer Stimme, die beleidigt, tonlos, frustriert klingt, die bereits ahnen lässt, dass etwas Unerfreuliches folgen wird.

Der is´ noch beim Sport, der kommt später.

Sie ist verkrampft, hält sich selbst fest, die Arme verschränkt, eine Hand in Halsnähe am Dekollette.

Während er – in Endzeitstimmung – seinen Mantel aufhängt, sagt sie es:

Ich möchte mit Dir sprechen.

Er deutet diesen Satz falsch. Er glaubt, Karmann hat ihn inzwischen denunziert. Er nimmt sofort das Thema Juliette auf.

Katja´s Blick ist bass entsetzt erstarrt, auch fragend, sie weiß nicht, wovon er redet, als er lebhaft bewegt sagt:

Katja – …. ja.

Ich schwör´s Dir, es ist nichts passiert.

Ich war selber überrascht,

Ich hab Zeit gebraucht,..

…um die Situation einzuordnen, ich….

….war total perplex…

..ich bin….

…ich hab´ mich entfernt und bin gegangen.

Die heftige Emphase, das offensichtlich schlechte Gewissen bezüglich dieses kleinen Ausrutschers zeigen uns, dass Christian in Seitensprüngen völlig unerfahren ist.

Er hat so etwas, wie es scheint, zehn Jahre lang nicht nötig gehabt.

Die Beziehung zu seiner Gefährtin war erfüllend und Solidarität deshalb eine Selbstverständlichkeit.

Er nimmt die Sache überaus ernst und schwer und plant nicht, abzustreiten. Seine Aufregung hat geradezu etwas Rührendes.

Katja steht am oberen Treppenabsatz einer Treppe, die vom Entreé mit wenigen Stufen zum Wohnbereich hinaufführt – die typisch versetzten Wohnebenen von Bauhausarchitektur.

Christian bleibt unten am Fuß der Treppe.

Wir sehen Kopf und Brust, davor, zwischen ihm und Katja, das Treppengeländer.

Scharfes weißes Licht trifft ihn von der Seite und entfärbt die Zwischentöne. Alles scheint Schwarzweiss.

Katja senkt den Kopf, hört zu, geht nachdenklich einen Schritt zur Seite, weicht einen zweiten Schritt zurück, schlägt den Blick nieder.

Christian: Hättest´mich mal sehn solln…

Er lacht ein wenig auf in der Erinnerung an das Groteske der Situation.

Er hofft, dass auch sie vielleicht geschmunzelt hätte, denn er geht von einem noch bestehenden Vertrauensverhältnis zu seiner Gefährtin aus.

Katja´s Blick hat sich zu ungläubig entsetzter Erstarrung verändert. Sie ist so perplex, dass die Kiefermuskulatur nachgegeben hat. Ihr Mund steht offen.

Christian sagt lebhaft:

Katja, wir sind….

..wir sind über zehn Jahre verheiratet…

er hebt die Schultern.

Wir sollten über so ´nen Quatsch lachen…

Wir sollten uns ´nen Cognac nehmen …

..und uns amüsieren…

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Kommentar Nachtrag 11.11. 2008:

Die Spiegelung über eine Scheibe kommt auch vor in: Margarethe von Trotta: Die Bleierne Zeit. Die Trennscheibe im Besuchsraum des Gefängnisses zeigt übereinandergelagert das Gesicht der Pechmarie verschwommen.

Als die Kamera zur Seite fährt, verstehen wir, dass die Verschwimmung von der Projektion des Gesichts der Goldmarie kam, das genau über dem anderen Gesicht gelagert war. Jetzt sehen wir beide Gesichter nebeneinander.

Diese Überlagerung / Nachbarschaft der Gesichter hat inhaltliche Dimension, sie spricht über die Verbundenheit und Getrenntheit der beiden Schwestern. Gleichartig ist in Der Anwalt eine Glas-Spiegelung für die Subtextstory eingesetzt.

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