Filmszenen I „Er ist auch mein Sohn.“ in: Mord am Meer. Letzter Teil 5c) (Heino Ferch – Anton Glauberg ) 2004-2005

„Er ist auch mein Sohn.“ in: Mord am Meer. Porträt Glaubergs Familie Letzter Teil Forts 2 ( 5c ) (Heino Ferch – Anton Glauberg ) Regie: Matti Geschonnek. 2004-2005

Bildquelle und alle Bildrechte bei Network Movie Köln für ZDF Zweites Deutsches Fernsehen

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Ich hab´nie viel erzählt.

Das wird sich ändern.

.sagt er halb zu ihr, halb zu sich, nickt, selbstbestätigend.

Sylvia nimmt das Nicken auf. Zuckt mit den Schultern.

Ich muss, sagen, das ist alles n´bißchen…

Sie schaut zu Boden, schüttelt den Kopf….

Schnitt auf Glauberg

Ich weiß.

Pause. Er blickt ihr ins Gesicht. Forscht, wartet ab. Eine Frage formiert sich in ihm:

Mit leiser ironisch- jungenhafter Betonung sagt er, ein wenig kumpelhaft im Ton:

Wenn ich nur ab und zu nach dem Hund sehen dürfte…?

Er weiß es und signalisiert es auch Sylvia, dass das ein Vorwand, ein gentleman´s agreement ist, um häufigere Besuche mit einer objektiv-rationalen Begründung zu rechtfertigen.

Seine Haltung versucht, einen kameradschaftlichen Beiklang zu erzeugen, seine Exfrau nicht als Ex-Partnerin, sondern als Kameradin anzusprechen.

Sie sagt nichts, ist aber nicht dagegen.

Er beginnt ganz leicht zu lächeln, immer noch mit leiser Ironie gegen sich selbst. Wir fühlen erleichtert und erstaunt:

Da ist jetzt etwas in Ordnung.

Da ist etwas geordnet , was vorher im Chaos stak.

Da ist etwas wieder an dem Platz, an den es hingehört.

Es ist —

– sein Herz.

Es schlägt wieder in der Mitte seiner eigenen Brust.

Ohne den glühend-eisigen Schmerz unbewältigter Trennung.

Er ist nicht mehr die blutende Hälfte einer gewaltsam auseinandergerissenen Zweiheit.


Er kann die Distanz zu seiner Ex-Frau akzeptieren, er ist wieder ein rundes geschlossenes Ich.

Hier ist er, dort ist der andere Mensch, Sylvia.

Er zerrt innerlich nicht mehr an seiner Ex-Partnerin.

Die wiedergefundene Stabilität Glaubergs macht physische Nähe möglich. Sylvia hat die Veränderung in Glauberg erspürt, deshalb konnte sie signalisieren, dass sie nichts gegen Besuche hat, die dem Kind gelten.

Gut´Nacht, sagt er und dreht sich zum Gehen.

Sylvia´s Gesichtsausdruck ist befriedet, zufrieden, mittig.

Man meint, sie denkt so etwas wie:

Na gut. Warten wir´s ab, sieht ja alles ganz gut aus.

Schließt die Haustür. Wir sehen wieder die Türdekoration. Es geht auf Weihnachten zu.

Schnitt.

Totale

Glauberg geht von uns weg das Trottoir entlang.

Wir sehen eine kleiner werdende Figur,
die sich langsam in die Nacht hinein entfernt,
die Hände in den Hosentaschen,

nicht zu langsam,

nicht zu schnell.

Gerade richtig im Tempo.


Ende.

2004 Heino Ferch – Anton Glauberg, Birge Schade – Sylvia Glauberg Agenturseite Birge Schade Vita Birge Schade, Leonhard Carow – Felix Glauberg Regie: Matti Geschonneck

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„Du hast Recht, Plato.

Es ist nie vorbei.“

Nick in „Spiel um Dein Leben“ 1996-1997

„Zu Ende?

Es gibt kein Ende, Mimi.

Du stehst am Anfang (….).“

Hermes Aphroditus in „Vom Suchen und Finden der Liebe“ 2004-2005

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Nachtrag vom 15.9.2007: Schlusszene mit kleinem weissen Hundekind an der Haustür der Partnerin. Hund als Vermittler für weitere Kontakte zur Frau. s.a. „The Kid – Image ist alles “ mit Bruce Willis von 2000: Schluss-Szne. Kind und Hund in beiden Fällen mittelbar/unmittelbar Motivation fuer den Hund.

Szenenstrukturen:

s.a.Das Konto, 2004The Kid, 2000. Szene Flugtickets.
Der Protagonist schenkt seiner kleinen alten hässlichen Sekretärin mit Schmuddelfrisur überraschend zwei Flugtickets nach Hawaii, indem er seinen Namen ausstreicht und ihren hineinschreibt. Er wirft ihr am Szenenende einen intensiven Blick als Antwort zu.
S.a. „Das Konto“. Szene Cognac für die Putze. Überraschendes Geschenk – intensiver Blick als abschließende Antwort…


s.a. Das Konto, 2004- The Kid, 2000. Szene. „Ich bin Amy – wer bist Du?“ Amy muss etwas über das Kind erfahren. Das Kind soll das nicht hören. Der Protagonist geht schnell ein paar Schritte vom Kind zu Amy. Die Kamera folgt ihm über die Schulter. Halbtotale. Hohe Spannung ist in der Luft. Er flüstert Amy zu.


S.a. Das Konto. Im Pariser Bistro. Mühlhausen geht von seiner Tochter Hannah zu seiner Schwägerin, um ihr etwas zuzuflüstern, was das Kind nicht hören darf. Sehr hohe Spannung in der Luft. Die Kamera folgt Mühlhausen. Derselbe Schulterblick. Die Wirkung noch extrem verdichtet, da die Tonalität dramatisch ist.

s.a. Mord am Meer, 2005 – The Kid, 2000. Schlußszene. Der Protagonist steht mit einem kleinen weissen Puppy an der Haustür der Partnerin. Der Hund ist Ausblick und Versprechen, dass die Beiden zukünftig miteinenander zu tun haben werden.

S.a. Mord am Meer. Glauberg steht mit einem kleinen weissen Puppy an der Haustür seiner Partnerin. Der Hund hat denselben Zweck.

Ein Film mit Bruce Willis „The Kid“ 2000, Kinderthema statt Kriegsthema. The Kid stellt die Frage: – Wer war ich, – wer bin ich, – wer werde ich sein? Das erinnert auch an die SchvT Stelle Die silberne Schale… wir verstehen besser, wer wir sind, wenn wir wissen, woher wir kommen und auch die SchvT Frage: Wie finde ich Zufriedenheit? The Kid ist ein Saulus-Paulus-, ein Läuterungsfilm. Läuterung ist ein topos, der häufiger in Ferch-Filmen vorkommt.

(Solange der Protagonist in The Kid nicht weiss, woher er kommt, kann er den Jungen, der er selbst ist, nicht dorthin abliefern, wo er hingehört: in die Vergangenheit. Eigentlich ein irrer Stoff. Der Erwachsene Ich und sein Kind-Ich sitzen zusammen im Auto. Das steht vor dem ehemaligen Haus von Ich. Aber der Erwachsene kann sich nicht erinnern. Darum kann er das Kind-Ich auch nicht dort abliefern, er muss es so lange mitnehmen, bis diese Frage: woher komme ich? geklärt ist. Tolle Bilder für den psychologischen Vorgang des Reifens. )

Zwei Filme mit Heino Ferch „Das Konto“ 2004 und „Mord am Meer“ 2005.

Drei parallele Szenenstrukturen.

Die Szenenstrukturen sind nicht viel mehr als eine Idee, eine Choreografie, ein Stützgerüst, auf dem dann die eigentliche Szene mit – ganz anderer – Tonalität, Dramatik und Bedeutung modelliert wird.

Dennoch – jede kreative Leistung nimmt Bezug, nährt sich von anderen, älteren Leistungen..

Das Rokoko entsteht aus dem Barock, der Hellenismus aus der Klassik, die Deutsche Klassik aus dem Sturm und Drang…jede kreative Leistung steht auf den Schultern eines Riesen. (der Riese ist nicht Bruce Willis, sondern die gesammelte Erfahrung aller Vorgänger) ..

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