Filmszenen I “…Father – Mother – Child – Child!“ Teil 5, Heino Ferch als Jakob Gens in: „Ghetto“ Buch: Josuah Sobol, 2004-2006

„…Father – Mother – Child – Child!“ Heino Ferch als Jakob Gens in: Ghetto, Teil 5. Regie: Audrius Juzenas, Buch: Josuah Sobol. Germany, Lithuania 2004-2006

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Der vollbesetzte Theatersaal ist dunkel, die Leute stehen, noch schreckensstarr.

Plötzlich gehen die Ausgangstüren an der Längsseite des Zuschauersaales auf, die Ghettopolizei drängt herein.

Schreie, Kreischen, man riecht die Panik im Saal, es stinkt nach Angstschweiss.

Die Leute werden gepackt, hinaus getrieben.

Schnitt.

Zeitliche Überblendung

Draussen vor dem Theater im Dunkel der Winternacht.

Die Deportation ist bereits in vollem Gange. Planenüberspannte Lastwagen stehen bereit, brechend voller Kinder.

Die Menschen aus dem Theater haben sich in einer mehrere Personen breiten Schlange direkt von den Theatertüren über den Hof bis zu den Lastwagen hin anstellen müssen.

Wir stehen drei Schritte vor Gens, Dessler und den Ghettopolizisten, wir sind aus nächster Nähe Zeugen der Selektion. Gens Selektionsbefehle hallen über den Hof, er taxiert jede einzelne Familie.

Father – Mother – Child – Child... schreit er

Go!

Go!!!

Und schiebt die vierköpfigen Familien weiter.

Die Leute, die bei ihm angekommen sind, brüllen im Moment der Auswahl durcheinander, Frauen, Männer, Kinder, eine Kakophonie entsetzter Rufe, Schreie der Verzweiflung.

Gens – Er packt Leute, schiebt sie weiter oder reißt fünfköpfigen Familien ein Kind weg. Die Menschen werden an ihm vorbei getrieben wie Vieh.

Jetzt ist eine Familie mit drei Kindern an der Reihe.

Gens, laut

Mother – Father – Three Children.

zu Dessler:

Take him!

Der Junge wird dem Vater entrissen.

Wir blicken das Gesicht der Mutter, sie ist direkt vor uns, will ihr Kind festhalten.

Sie schreit, Mund und Augen weit aufgerissen, die Pupillen stehen frei, sie weint, fleht. Ihr irre entsetzter Blick auf Gens wäre nicht anders, würde sie den Teufel sehen.

Gens reisst sie weiter : Go!!

Polizisten packen die Mutter, schieben und zerren sie. Sie wehrt sich, ruft und ruft ihr Kind. Die Männer halten sie fest.

Die nächste Familie, dreiköpfig.

Gens zum Vater Where is your second child?

We haven´t got another child ..

Shut up! ..Gens dreht sich weg. The second child!

Das dritte Kind der letzttaxierten Familie vorher ist bereits auf den Wagen verladen.

Es ist still, ohne sich zu wehren, aufgestiegen. Die anderen Kinder auf dem Wagen sitzen ebenfalls stumm.

Unsere Nerven müssen immer noch die Schreie der Mutter ertragen, ihre Schreie wiederholen den Namen ihres Sohnes

Julian!! Julian!! Julian!!!….

Wir werden kurz abgelenkt von einem Zwischenfall: Ein Ghettopolizist schlägt mit dem Gewehrkolben Kruk, den Bibliothekar, nieder, der notiert hatte, was er sah.

Als wir Gens wieder im Blick haben, ist er schon beim Lastwagen und holt gerade den Jungen, Julian, vom Wagen. Er zerrt ihn zu den beiden Eheleuten mit nur einem Kind.

Er brüllt den Mann an:

This is your second child. Keep an eye on him!

Er tritt direkt vor den Mann. Leise:

If you loose him, I´ll kill you.

Go!

Wir blicken Julian nach. Julian dreht sich zu uns, zu den Lastwagen um.

Auf den Wägen haben die Kinder nach dem Anlassen der Motoren zu schreien begonnen. Sie begreifen, dass man sie auf Dauer von den Eltern trennt. Die Kleinen strecken die Arme nach ihren Eltern aus.

Die vielstimmigen Schreie der Kinder sind beinahe unerträglich. Der Lärm schneidet schmerzhaft wie Messer in unsere Ohren.

Schnitt. Die Schreie verhallen.

Wir sehen im blauen Licht der Nacht die Lastwagenkolonne durch ein Gässl zum Ghettotor fahren, direkt an uns vorbei. Motorräder begleiten sie. Die Lichtkegel der Scheinwerfer blenden uns, als die Wagen auf uns zufahren.

Wagen für Wagen passiert das enge Ghettotor nach draussen.

Die Kinder fahren in den Tod.

Die Gaskammern von Majdanek sind das Ziel der Reise.

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2004-2006 Heino Ferch – Jakob Gens, Sebastian Hülk – Kittel, Erika Maroszan – Die Sängerin Haya, Jörk Lamprecht – Dessler, Vytautas Sapranauskas – Weisskopf, die ganz exzellente Musik(dramaturige), die sehr viel zur eindrucksvollen Wirkung des Films beiträgt, ist von: Anatolijus Senderovas.

Link : Zukunft braucht Erinnerung

Link: Menschen-Vernichtungslager Majdanek im heutigen Polen, genannt KZ (Konzentrationslager)

Link: Gedenkstätten in Europa

(s.a. Deutschlandlied. Szene Hanno auf dem Wagen: „ich will nicht ins Lager…!“)

Ende des Schweigens

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