Filmszenen I Potpourri: Szenen – Figuren – Blicke Teil 6 (alle Figuren: Heino Ferch)

Filmszenen I Potpourri: Szenen – Figuren – Blicke Teil 6 (alle Figuren: Heino Ferch)

Dr. Michael Mühlhausen (in: Das Konto):


Seine Augen leuchten freundlich, ein wenig schalkhaft, auch in den Mundwinkeln sitzt eine Spur Schalkhaftigkeit.

Direkt vor der erschrockenen Putze dreht er sich zur Bar, gibt der Frau noch einen wachen ruhigen Blick. Wir sehen seine Hände nicht, hören aber, wie Flüssigkeit eingeschenkt wird.

Die Frau verfolgt ängstlich ruckhaft jede Bewegung des für sie großen Mannes, der sie gut um dreiviertel Köpfe überragt, direkt vor ihr. Wir hören seine Stimme aus dem Off

Da wird es tatsächlich Zeit…

Halbtotale,

links die Putze, rechts Mühlhausens beachtlicher Rücken, er ist ganz von uns abgewandt, da er am Sideboard hantiert.

…daß wir beide…

Auflösung des Rätsels:

Mühlhausen dreht sich der Frau zu, wir sehen: er hat zwei gefüllte Cognacschwenker in den Händen.

……. mal ein Gläschen miteinander trinken.

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Leises Gespräch zwischen Vater und Tochter über die soeben verstorbene Ehefrau, Mama, es ist Nacht:

Mühlhausen:

Wenn ich zu den anderen Mädchen gesagt hab: „Ich liebe Dich!“ haben die immer geantwortet: „Ich liebe Dich auch.“ Oder: „Oh, wie schön.“

Bei ihr war das ganz anders.

Seine Stimme ist traurig.

Sie hat gesagt: Mir haben das schon so viele gesagt. Die sind alle weg.

Sag´nich: ich liebe Dich – tu´s einfach.

Wir blicken Mühlhausen so dicht ins Gesicht, als lägen wir direkt neben ihm.


Wir sehen seinen sanften Wildtier-Blick.


Der Blick glänzt dunkel.

Ein Widerschein wie
fernes Licht in tiefem Wasser.

Da scheint ein Raum, der nur zu ahnen, aber unbetretbar ist.

Wir folgen diesem Blick aus seinem ganz privaten Damals in unser Hier und Jetzt.

So hat sie gelebt.


sagt er.

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Dr. Michael Mühlhausen (Szene mit Mafioso Pawel Sikorsky in: Das Konto)

Mühlhausen gibt nicht auf, er versucht es noch einmal. Leise, drohend:

Machen Sie die Tür auf.

Pawel ignoriert das, betastet seine Wunde.

Ich hoffe wir sind jetzt quitt.

Wir folgen Mühlhausen im Close up, er dreht sich weg, geht zum Fenster. Wir sehen ihn im Profil, es ist deutlich, dass er überlegt. Versucht er einen zweiten Ausbruch über das Fenster?

Nein. Er hat schon eine Schnittwunde.

Er setzt sich. Sein Blick huscht in kleinen Klicks immer näher an Pawel heran. Jetzt blickt er ihn an. Sein Blick erwacht, wird immer klarer und forscht zuletzt hellwach.

Er fügt sich in die Situation, ändert seine Strategie. Nur Kooperation kann ihn hier heraus bringen.

Er fragt, lauernd, leise:

Was wollen Sie?

Harry Melchior (in: Der Tunnel)

Aber das ist noch nicht das Schlimmste.

Das Schlimmste ist, dass Du höllisch aufpasst, dass Du keine Lungenentzündung bekommst.

Very Close up auf Harrys Gesicht. Das ist fast völlig verschattet, Streiflicht über seiner Silhouette, er sieht Frau Scholz intensiv an.

Er beisst von seinem Kuchen ab. und… er will noch etwas erläutern.

Ohne, dass er es beabsichtigt, verliert er den Blickkontakt zu seinem Gegenüber. Er kaut. ..und.. das zweite ..und.. flüstert er nur noch vor sich hin, er kaut weiter.

Er hat den Kontakt in dieses Zimmer verloren.

Wir warten. Sein Blick sackt nach unten, sieht nichts Konkretes. Die Längsfalte zwischen seinen Brauen vertieft sich. Seine schwarze Pupille ist auf einmal matter, glanzloser, die Wangen sind erschlafft, er wirkt müde, erschöpft, traurig.

Seine Stimme ist nur noch ein Flüstern

..wann Du endlich…

..wann Du endlich..

er kaut

…wieder schlafen kannst.

Er würgt er den Bissen hinunter, beisst wieder mechanisch vom Kuchen ab, kaut vor sich hin. Er ist ganz für sich, in seiner Erinnerung. Die beiden Frauen hat er vergessen.

Hans Lederer (in: Es geschah am helllichten Tag)

Der Mob vor dem Fenster.

Todesangst. Die Augen weit aufgerissen, rund vor Angst, zwei schwarze Münzen, die Schultern hochgezogen, der Rücken gekrümmt.

Wir hören einen Laut, der sich wiederholt, ein Laut, den wir erst langsam, nach angestrengtem Hinhören verstehen können, es ist ein

nein, nein, nein

das eher wie aus einer Tierkehle, als aus einem menschlichen Mund heraufdrängt.

Bock verliert das Bewusstsein. Er ist reif zur Unterschrift. Zwei Beamten schleifen den Mann aus dem kalten blauen Licht des Verhörraumes in das warm rot beleuchtete Nachbarzimmer.

Beide Männer halten Bocks Arme fest. Dessen Kopf ist zur Seite gesunken, die Augen geschlossen, das Gesicht hat jetzt, am Ende seines Passionsweges, etwas bekommen,
das wir erstaunt

als menschliche Würde erkennen,

eine Würde,

die von aussen

unberührbar ist.

Müller (in: Wer hat Angst vor RotGelbBlau?)

Francis geht weiter, er lächelt ihr nach. Es sieht aus, als zöge sie ihn an einem unsichtbaren Faden hinter sich her.

Sie geht wieder weiter. Ich lieb Dich nich. Starr, trotzig.

Er, sofort: Wie lange?

Sie wendet sich ihm zu, er beugt sich ein wenig über den Lenker, sieht aus wie ein fluffiger junger Hund, ein erwartungsfroher Welpe.

Wie lange wirst Du mich nicht lieben,.. zwei Tage, ..drei Jahre …oder überhaupt nich?

Francis: Das ´s doch egal! Geht weiter.

Müller: Nein.

Schiebt seine Vespa wieder an, gibt ihr einen Drive nach vorne, holt auf.

Es is wichtich.

Also.

Hat sie überholt, guckt ihr ins Gesicht.

Wie lang?

Wartet fröhlich, froh, hundertprozentig sicher, dass er geliebt werden wird, unverbrüchlich.

Dr. Christian Weller in: Der Anwalt und sein Gast

Er spürt, dass seine Frau nicht mehr bei ihm ist, er spürt irritiert, dass sie von ihm weiter weggedriftet ist, als er zu befürchten wagte.

Er fühlt, da ist etwas kalt geworden, fast erloschen, gleichgültig.

Close up auf Christian.

Er schaltet seine wachen Scheinwerfer aus. Sein Ausdruck, gerade noch offen und präsent, fällt in sich zusammen.

Der Wechsel seiner Ausstrahlung sieht aus, wie eine Flamme, die eben noch hoch loderte und jetzt verlischt.

Er nimmt seinen Blick zurück zu sich selbst.

Murmelt, ob der ungewohnt maßregelnden Korrekur, die ihn beschämt:

….ja….

Sein letzter Blick auf sie, bevor er wegschaut, sagt deutlich: er hat erkannt, dass er allein steht Die unsichtbare Brücke beständiger erotischer Freude am Anderen ist gesprengt.


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