Filmszenen I „…ich brauch´kein´Vater!“ Auf ewig und einen Tag – Der Vater Teil 1 Enno Hesse und Heino Ferch – Jan Ottmann 2005-06


Teaser Auf ewig und einen Tag - Der Vater

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Auf ewig und einen Tag. – Der Vater Teil 1

Jans Mutter kommt nach Hause.
Wir erwarten sie bereits in der Wohnung.

Draussen ist es dunkel, es regnet in Strömen. Die Wohnung der Ottmanns ist alt, abgewohnt, trübselig. Eine Wohnung in der niedrig gelegenen Neustadt, dem billigeren Stadtviertel von Landshut.

Gaby Ottmann, Jans junge Mutter, sie ist vielleicht vierunddreissig , ist alleinerziehend und öfter arbeitslos. Das heißt, es gibt wenig Geld.

Jan, er ist jetzt ungefähr siebzehn, hat gerade die Tante versorgt, eine ehemalige Kunstschwimmerin. Die Tante ist seit Jahren zuckerkrank und bettlägerig.

Jan liebt seine Tante. Leise, gestenarm, unprätentiös, pragmatisch, er zeigt nicht viel, aber wir spüren: er liebt sie. Ihre Wertmaßstäbe sind für ihn wertvolles Peilinstrument für die Formung seines eigenen Werterasters.

Die Mutter hat inzwischen die Jacke abgelegt. Sie trifft an der Tür zu Tantes Krankenzimmer mit Jan zusammen, als er leise die Tür schließt.

Gaby:

Es ist besser, Du gehst da nicht mehr hin! („Da“ ist bei den reichen Luckners, den Eltern von Gregor, Jans bestem Freund).

Das ist nicht gut.

Jan, störrisch: Ach – das weißt Du!

Patzig: ..ich bin kein Kind mehr.

Gaby: Du bist mein Sohn!

Jan, provoziert, schnell: Dann sei doch meine Mutter.

Jan gefällt Gaby´s Lebensstil mit wechselnden Liebhabern und Realitätsflucht in eine bunte Frauenzeitschrift-Preisrätselwelt nicht. So, findet er, sollte sich eine Mutter nicht verhalten.

Gabys Hilflosigkeit dieser Kritik gegenüber endet in einer Ohrfeige. Sie schallert Jan eine.

Sofort weiss sie, dass das falsch war und versucht, ihr Kind an sich zu ziehen, zu umarmen.

Gaby, beschwörend: Jan!

Wir können Jan ins Gesicht sehen, als Gaby ihn an sich zu drücken versucht. Er hat sich schon verkrampft, um nichts zu fühlen, sein Blick geht weg.

Gaby versucht jetzt, ihm ihre Sorge mitzuteilen, streicht ihm nochmal über den Kopf. Jans todernster Blick aus dem glatten zarten Jungmännergesicht fixiert seine Mutter – und gleichzeitig schottet er sich ab.

Seine Augen sind schwarz, das Gesicht unbeweglich. Unter dieser geschlossenen Oberfläche spüren wir Verletztheit und Zorn.

Gaby Bei diesen.. bei diesen Leuten.. das kann ich Dir nich´bieten. Nie.

Gaby hält seine Wange.. Jan nimmt ihre Hand weg und sagt leise, stolz und beleidigt:

Das hab´ ich auch nie verlangt.

Er wendet sich ab, will die Treppe hinaufgehen. Gaby eilt ihm nach. Für sie ist das Gespräch nicht beendet. Ihre Sorge, begründet in ihrer eigenen Lebenserfahrung ist:

Er wird Dich fallen lassen! Irgendwann! Ich weiss das, das is´ ´ne and´re Welt!

Jan dreht sich auf dem Treppenabsatz um.

Wer von uns lebt denn in ´ner andern Welt, ha? – Preisausschreiben, das große Glück – Die große Liebe

Wir stehen eine Treppenstufe über Jan, sehen über Jans Schulter auf Gaby hinunter. Sie ist zornig.

Meinst Du ich weiss nicht, dass das nur Träume sind!

Jan, schnell, laut. JA! ..das glaub ich.

Gaby: Aber was hab´ich denn sonst noch, was denn..

Jan beantwortet diese Frage nicht. Dann:

Jan: Sag mal, hat Dein Freund Schluss gemacht? Hm?

Gabys Antwort:

Familie. Ich dachte das geht mit ihm, er is Italiener….

Jan, sehr leise, aber verbittert und verletzt: Ich brauch kein´ Vater.

Er dreht sich weg, will die Treppe weiter hochgehen..

Böse, einsam: Ich hab mein Leben lang noch nie ein´ gebraucht.

Gaby ruft ihm hinterher. Wir hören nur noch oben die Tür ins Schloss fallen.

Natürlich braucht er einen Vater. Jan ist sensibel, hochwach, saugt wie ein Schwamm auf, was ihm begegnet. Ein präsenter Vater, der Dialogpartner und Vorbild hätte sein können, wäre da wohl ein Glück gewesen. Ein Glück, auf das jedes Kind Anspruch hat.

2005-2006 Heino Ferch – Jan Ottmann (erwachsen) , Enno Hesse – Jan Ottmann (als Jugendlicher),

Kommentar 1: Der blutjunge Enno Hesse (23), http://www.ennohesse.de vielbeschäftigter Nachwuchsschauspieler und sogar auf der Besetzungsliste unseres „Exportschlagers“ „The Downfall“, gibt m.E. hier eine vorzügliche Leistung ab.

Wie immer, wenn ein Darsteller gut ist, ist es eine Freude, ihm zuzusehen, sich von ihm in seine Gefühlswelt mitnehmen zu lassen.

Der junge Jan zeigt eine ruhige Oberfläche, unter der Enno uns aber in Permanenz ahnen lässt, dass in Jan eine reiche Gefühlswelt lebt. Enno Hesse als Jan wirkt prallvoll Emotion bei dizipliniert reduziertem Einsatz der Mittel.

Manchmal, wie hier, zeigt uns Jan – Enno für einen kleinen Augenblick, wie stark seine Gefühle sind. Und weil sie gleich wieder verdeckt werden, wirken sie umso stärker.
Enno läßt uns auch fühlen, dass dieser Jan reifer und erwachsener ist, als seine Altersgenossen.

Was für uns aus unserer speziellen Weltsicht hier auf Filmszenen stupend ist, ist die Übereinstimmung mit dem jungen Ferch in prinzipiellen Zügen.

Der Grad an Versammlung und Losgelassenheit, das Ahnenlassen, dass unter der ruhigen Oberfläche sehr viel passiert, auch kleine Bewegungen, wie die des beleidigten Zorns, wirken, als hätte er den jungen Ferch eingeatmet – ohne ihn zu imitieren, Enno Hesse gibt eine ganz eigene Kreation der Figur ab.

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