Filmszenen I „…Zeitung lesen, Blumen trinken, Kaffee gießen – “ in: Winterschläfer. Marco (Heino Ferch) Teil 1a, 1997

Tom Tykwer. Heino Ferch - Marco.

Bildquelle und Bildrechte bei www.x-filme.de

„….Zeitung lesen, Blumen trinken, Kaffee gießen – und das alles gaanz alleine!“ in: Winterschläfer. Porträt Marco (Heino Ferch) Teil 1a Regie: Tom Tykwer. Buch: Anne-Françoise Pyszora,Tom Tykwer 1997

weiter zu Teil 1b->->

Ort:

Berchtesgadener Alpen im Winter, meterhohe Schneewehen flankieren die unzureichend freigefrästen Hauptstraßen, alles dick verschneit, hohe Berge, tiefe Täler, Bergwelt, gigantisch, Skiort mit Disco, Skischaukel, Berghütten, ein Winterwunderland. Wetter: mäßig, diesig, neblig, Himmel milchig trüb.

Laura kündigt Rebecca ihre Ankunft an. Rebecca wohnt in Laura´s Berghaus.

Ein nicht unteures Cabrio mit HH-Kennzeichen fährt eine Autobahn entlang, Richtung Süden. Am Steuer: Marco. Jung (ca.26), Smart – very smart. Hübsch. Blond. Braungebrannt.

Laura, auch jung, schwarze Locken, kommt mit dem Zug. René, Fotograf, zuerst mit dem Schiff und dann, viel später auf der langen Reise vom Meer zum Gebirg´ mit seinem alten VW. Durchfährt den Zielort.

Die Bar im Ort heißt Sleepers. (Jetzt haben wir beides gesehen: Winter und Sleepers: Winter-Sleepers. Winterschläfer. )

In Lauras Berghaus herrscht noch Chaos. Nix aufgeräumt, solange Rebecca allein da war. Gesamteindruck: Kuschelhöhle, Mutterbauch. Dazu Sammelsurium, Trödel, Erinnerungsstücke, Millionen kleiner geliebter und unverzichtbarer Krimskrams-Gegenstände, alles in Rot, überall gedämpftes Licht aus gedimmten Lampenschirmen, bordellmäßig gemütlicher Seidenkitsch. Weihnachtszeit.

Draussen vor der Tür die kissenweich und puderweiss verschneite Bergwelt Berchtesgadens.

Wir blicken auf die Haustür, ihre Bretter bilden auf dem Türblatt einen schönen großen grünen Stern. Die Tür geht auf. Ein zweiter Stern erscheint: Rebecca, Becki.

Beglückend schön, Haut wie Milch und Honig, vollbusig, ihre Lippen zwei Rosenblätter, goldener Lockenkopf, frisch, eine knospende Blüte, die junge Frau, circa 23, lieb.

Freut sich wie irre, als sie Marco sieht. Sofortiger Kuss mit unverzüglichem Durchstarten ins Bett. Marco kann gerade noch herauspressen: Neues Auto. Der Rest ist Schweigen, jedenfalls für uns. Das Auto bleibt unverschlossen draußen stehen, der Zündschlüssel steckt.

Stunden später.

Kamerafahrt über Becki´s Bett. Marco und Becki liegen schlafend, erschöpft vom Liebesspiel, jeder auf seiner Seite. Ihre Körper leuchten glatt und golden.

Hupp!!

Marco fährt hoch in Sitzposition, erschrocken, hellwach, als hätte er einen Knall gehört, Mund offen, atmet heftig.

Sein Blick sucht, sucht in seiner Erinnerung.

Scheiße! schnauft er.

Schnitt. Draussen.

Blick auf die grüne Stern-Haustür. Sie klappt auf, Marcos Kopf und Oberkörper schnellen ins Bild. Er ist im rotkarierten Morgenmantel, sucht, sucht noch mal zur anderen Seite.

Er vermisst etwas.

Macht ein paar Schritte vor´s verschneite Haus, knirscht gummigestiefelt und badebemäntelt durch den Schnee.

Schaut noch mal, hastig.

Dreht sich um sich selbst, – vielleicht hinter dem Schuppen…?

Nichts.

Er knurrt: scheiße, scheiße.

Kickt wütend und hektisch irgendwas am Boden zur Seite. Hilft alles nix. Der neue teure Wagen ist und bleibt weg.

Schnitt.

Marco in Beckis und Lauras Haus am Telefon.

Marco´s Redefluß ist gewehrsalvenmäßig ratternd, schnell.

Er redet nicht, er feuert Satzsalven.

Seine Bewegungsdynamik ist auch irre schnell, nervös, von ständiger innerer Ungeduld angefeuert.

Er macht tausend rasche kleine blitzartige Bewegungen, die wirken, als hätte er Hummeln im Hintern. Wirkt oft angenervt, unter ungeduldig ungnädig dunkelgrauem inneren Druck.

Seine innere Hektik und Ungeduld sind zwar anstrengend, aber wir vergeben ihm.

Warum?

Er ist hübsch.

Gute Figur, super gebaut mit langen Beinen, Knackarsch, Windhundhüften, keilförmiger Rücken, braungebrannt, blonde Stirnfransenfrisur (ja, tatsächlich: volles Haupthaar…;-))

Seine Stimme ist hell, hat einen nervös gepresst hochgepitchten Oberton, der surrt wie ein Schwarm Wespen.

Marco am Telefon

…waswaswaswaswas soll´n das überhaupt heiß´n , wer denn überhaupt „die“?

.. ..ach Sie sind ganz alleine!

Ja, das muß ja furchtbar sein, so ganz alleine!

Wirft einen pseudoverzweifelten Blick zur Decke.

Ja, wie schaffen Sie´n das den ganzen Tag?

Er stützt eine Hand lässig in die Hüfte. Die Kamera umfährt ihn. Im Hintergrund sehen wir Laura und Rebecca am Küchentisch sitzen. Sie hören zu. Marco feuert ins Telefon.

..Bütterchen essen, Zeitung lesen, Blumen trinken, Kaffee gießen, n´bißchen Nase popeln – UND ALLES GAAANZ ALLEINE, das is….

Klack.

Der andere hat aufgelegt.

Er reißt sich den Hörer vom Ohr. Stiert einen Moment mit zusammengepressten Lippen, knallt dann den Hörer auf die Gabel und knattert halbleise vor sich hin:

Winterschläfer - Laura und Marco in der Küche

…ich brech´zusamm`!

Das kann doch alles nich´wahr sein, warum bin ich bloß eingeschlafen.

Hechtet gleich zum Kühlschrank, um sich mit irgendwas abzureagieren. Ein Sandsack wäre jetzt ideal. Gibt´s aber nicht. Reißt die Kühlschranktür auf und stopft sich das Vorratssück Emmentaler in den Mund. Beißt ab, kaut wütend darauf herum. Knallt die Kühlschranktür.

Ist zu.

Die Mädels sitzen quasi schon fast geduckt am Tisch, kauen und verkneifen sich ein Kichern, decken ihr Grinsen vor ihm ab.

Er ist einfach komisch in seiner Wut.

Er merkt es nicht, ist nur geladen und wütend.


Seine teure nagelneue Karre ist geklaut.


Schnauft kiefermahlend Wut ab.

Jetzt fühlt er endlich auch, dass er komisch wirkt.

Todernst, fixiert die Mädels: Ha. Ha.

weiter zu Teil 1b->->


1996-1997 Heino Ferch (im Alter von 33) , Rebecca – Floriane Daniel, Laura – Marie-Lou Sellem

süßes Foto, guck mal->->

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.